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Thomas Hartung: QUALITÄT VON KRIEGSPROPAGANDA

Seit Anfang Januar läuft eine konzertierte Anti-Rechts-Kampagne, die mittels geheimdienstlicher Methoden gegen die AfD gestartet war und mit Falschbehauptungen neue Mythen konstruierte. Leidtragende waren und sind: die Demokratie, das Parteiensystem und die mündigen Bürger.



Der Publizist Mathias Brodkorb, Ex- SPD(!)-Kultus- und Finanzminister Mecklenburg-Vorpommerns, war im Cicero der einzige mit raschem Durchblick: „…dass aus einem privaten ein ‚geheimes‘ Treffen wird, sich der ominöse ‚Geheimplan‘ als der Inhalt eines seit mehreren Monaten frei erhältlichen Buches herausstellt und aus einer Buchvorstellung in privatem Rahmen eine mit der AfD in Verbindung stehende Konferenz zur Planung der Vertreibung Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund wird – all das lässt sich mit journalistischen Motiven allein nicht mehr erklären.“ Dafür mit politischen: in den drei Ostländern, die in diesem Herbst Landtagswahlen haben, führt die AfD als stärkste Kraft. Aber damit war der Räuberpistole des Medienhauses Correctiv vom 10. Januar 2024 der Boden entzogen; die Republik hätte zur Tagesordnung übergehen können.


Tat sie aber nicht. Im Gegenteil: Seitdem ist eine medial sekundierte politische Empörungsmaschinerie angelaufen, die in der jüngeren Geschichte dieses Landes ihresgleichen sucht. Von Theater- und Musikstücken über die Wahl zum Unwort des Jahres, Petitionen für den Entzug von Grundrechten, natürlich allgegenwärtige Verbotsdiskussionen, dem Canceln missliebiger Personen bis hin zum Schmieden politischer Bündnisse, kirchlichen Wahlwarnungen, ja Trauerreden und Demonstrationen „gegen rechts“ reicht die Palette der Desinformations- und Manipulationskampagne, der Alexander von Schlaun auf seinem Telegram-Kanal die „Qualität von Kriegspropaganda“ attestiert: „Man versucht überhaupt nicht mehr, all die Lügen durch Beweise irgendwie glaubhaft zu machen; noch fordert irgendjemand Beweise ein … durch ständige Wiederholungen und immer hanebüchenere Wortwahlen zum Schüren von Angst und Empörung versucht man, den Feind zu entmenschlichen, ihn vom Schlachtfeld zu nehmen…“ Für Thorsten Hinz in der Jungen Freiheit JF heizen die etablierten Parteien gar einen „kalten Bürgerkrieg von oben“ an.


Das sieht Fabian Nicolay auf Achgut ähnlich: „Den beabsichtigen Flurschaden bei den Zielpersonen und die Solidarisierung der Öffentlichkeit hat Correctiv sicher, weil … Publikum und die politische Nomenklatura zwischen Behauptung, Gerücht, Fakt und Beleg nicht mehr zu unterscheiden bereit oder fähig ist und die moralische Komponente unter Verneinung von Empathie und Zweifel ein klares Signal sendet: Solche unwürdigen, rechten ‚Kreaturen‘ darf man unter Ausklammerung eigenpropagierter Moralstandards hassen und fertigmachen.“ In einem funktionierenden Rechtsstaat gäbe es längst genug Anhaltspunkte für eine Anklage gegen Correctiv und andere Protagonisten wegen Volksverhetzung: „Auch das Timing ist exakt gewählt; als Gegenangriff auf die breiten Bauernproteste“, deren „Anbräunen“ nicht funktioniert habe. Der Fall liefert für Brodkorb ein beredtes Beispiel dafür, „wie sehr sich relevante Teile der Medien in den letzten zehn Jahren in ihre eigenen Narrative verstrickt haben. Sie hinken der politischen Wirklichkeit analytisch hinterher. Eigentlich sollte es besser umgekehrt sein“.


Das Ereignis: In der „Villa von Diringshofen“ hätten sich „hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer“ bereits am 25. November 2023 (!) im Geheimen getroffen, um „nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“ zu planen. Das Ergebnis der Recherche – warum sie erst jetzt publik gemacht wird, hat auch niemanden interessiert – liest sich wie das Drehbuch zu einem Geheimdienstfilm – und das soll wohl auch so sein. Insgesamt vier Kameras waren auf dem Gelände installiert worden: in der Villa und auf einem Floß im Lehnitzsee, das dafür direkt beim Hotel gemietet wurde. Es gibt Fotos von den Teilnehmern, darunter auch CDU-Mitgliedern (mehr als AfD-Mitglieder!), ihre Namen, Lagepläne usw. usf. Über die, deren Name nichts mitgeteilt wurde oder werden konnte, wussten die Correctiv-Mitarbeiter zu berichten, dass es „ein junger „Identitärer“, „ein IT-Unternehmer und Blut-und-Boden-Nazi“ und „ein Neurochirurg aus Österreich“ waren. Correctiv war es sogar gelungen, einen Journalisten als Hotelgast einzuschleusen. An der Veranstaltung selbst konnte er zwar nicht teilnehmen, aber immerhin registrieren, wer alles ein- und ausging. Aber nicht nur Fotos und Lagepläne wurden veröffentlicht, sondern auch detaillierte Informationen darüber, was hinter verschlossenen Türen so alles gesprochen wurde.


Geheimplan aus der Buchhandlung


Oder vielmehr: gesprochen worden sein soll. Correctiv gibt an, die Quelle für das gesprochene Wort sei ein Teilnehmer der Veranstaltung gewesen. Teilnehmer der Tagung hingegen mutmaßen, die Runde könnte abgehört worden sein. Der eingeschleuste Reporter jedenfalls sei ständig mit Kopfhörern im Ohr durch das Haus gelaufen. Geheimdienststoffe bieten eben Gelegenheit für allerlei Spekulationen. Anlass für die Mutmaßung, es habe sich um so etwas wie eine Wannsee-Konferenz 2.0 gehandelt, ist ein Vortrag des österreichischen Publizisten Martin Sellner über „Remigration“. Dem deutschen Verfassungsschutz gilt er als Rechtsextremist. Und Sellner hätte – im Geheimen – einen  Plan zur Vertreibung von Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund vorgestellt.


Doch Sellner Gedanken konnten schon aus einem einfachen Grunde nicht „geheim“ sein: Seit geraumer Zeit verkauft sich sein auf der privaten Veranstaltung vorgestelltes Buch „Regime Change von rechts“ bestens, inzwischen in der vierten Auflage. Um den Inhalt des „Geheimplans“ zu enthüllen, hätte man also bloß in eine Buchhandlung gehen oder sich einen seiner zahlreichen Vorträge anhören müssen, die seit Monaten im Internet kursieren. Sellner verbreitete noch am selben Abend auf der Plattform Rumble einen einstündigen Livestream, in dem er aus seiner Sicht die Correctiv-Recherchen auseinandernimmt. Er bezeichnet es dort als „pure Lüge“, dass die Staatsbürgerschaft nach „ethnischen“ Kriterien vergeben werden solle oder er „alle Migranten“ loswerden wolle. Es ginge vielmehr bloß um jene, die dem Land nichts bringen oder kriminell werden. Selbstverständlich sei für ihn, dass Staatsbürger sei, „wer die Staatsbürgerschaft hat“.


Was er ausdrücklich bestätigt: er will „nicht assimilierte Staatsbürger“ durch einen erheblichen „Anpassungsdruck“ dazu bewegen, von selbst das Land zu verlassen. Im Correctiv-Originaltext heißt es:  „Was Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Unklar ist, ob Sellner die historische Parallele im Kopf hat. Womöglich ist es auch Zufall, dass die Organisatoren gerade diese Villa für ihr konspiratives Treffen gewählt haben: Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.“ Koordinierten, wohlbemerkt, nicht beschlossen! „Kam da niemandem der Gedanke, wie fatal es ist, wenn man diese beispiellose Massenmord-Planung durch solche Vergleiche banalisiert“, fragt Peter Grimm auf Achgut. „Offenbar nicht. Die Schlagzeilen sind gesetzt, da wird jetzt auch kaum einer der politischen Akteure zur Gelassenheit zurückfinden.“ „In Wahrheit fand das Treffen ja nicht einmal am Wannsee, sondern am Liebnitzsee statt“, ärgert sich auch Brodkorb. „Der Wannsee liegt bloß in der Nähe.“


„Wollte man es darauf anlegen, könnte man auch von Redaktionssitzungen des Spiegel im Reichskanzleistil reden, weil zwischen dem Berliner Büro und Hitlers Führungssitz lediglich zwei Kilometer liegen“, ergötzt sich Jan Fleischhauer im Focus. Aber die Nähe zum Ort jener Konferenz, auf der die millionenfache Judenvernichtung beschlossen worden war, passt natürlich ins Narrativ wie die berühmte Faust aufs Auge, weshalb es Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf X ebenso aufgriff wie Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) gegenüber der Funke-Mediengruppe: Sie wolle beides nicht gleichsetzen, doch gebe es gefährliche Parallelen. Allerdings: an der echten Wannsee-Konferenz waren Justizministerium, Kanzleramt, Außenministerium, Wirtschaftsministerium und Innenministerium sowie einige hochrangige Polizeibehörden und Geheimdienste vertreten. Wie viele offizielle Stellen haben dieses Mal an dem Treffen teilgenommen, und welche konkreten Pläne zur Umsetzung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit unmittelbar durch staatliche Institutionen wurden danach in Angriff genommen?


Wenn § 130 Abs. 3 StGB (Volksverhetzung) überhaupt einen Anwendungsbereich hat, dann ist er hier eröffnet. Alexander Wallasch merkte an, dass die aufwändige Recherche alle Anzeichen einer Art „Ibiza 2.0 … im Stile eines medialen sowie privaten Geheimdienstes“ aufweise. „Correctiv hat unscharfe Fotos durch Hotelsprossenfenster gemacht und präsentiert sie in schwarz-weiß, als ginge es um Fahndungsfotos von seit Jahrzehnten untergetauchten Mafia-Bossen. Fraglos steht diese reißerische Präsentation in keinerlei Verhältnis zum Inhalt. Dazu werden die heimlichen Bilder fotografiert, sogar eine vollkommen sinnlose Skizze, die das angemietete Zimmer des Correctiv-Mitarbeiters zeigt, wird mitgeliefert, als wäre es der Tatort eines besonders grauenvollen Verbrechens.“ „Ein Lauschangriff auf eine private Veranstaltung wäre in der Schweiz undenkbar“, sagt Roger Köppel.


Völliger Unfug


Nur der Cicero hat zunächst ernsthaft mit mehreren Teilnehmern der Veranstaltung unabhängig voneinander gesprochen, darunter mit dem Juristen Roland Hartwig, Ex-AfD-MdB und persönlicher Referent von Bundesparteichefin Alice Weidel. Er berichtet, die Runde gebe es schon mehrere Jahre und habe rein privaten Charakter, werde also nicht öffentlich angekündigt. Die Berichterstattung darüber nennt er schlicht „völligen Unfug“. Sellner habe nicht die massenhafte Ausweisung deutscher Staatsbürger propagiert: „Und falls er es getan hätte, hätte ich protestiert, weil es verfassungswidrig wäre“, sagt er dem Blatt. Dies bestätigt auch CDU-Mitglied Ulrich Vosgerau, Rechtsanwalt und Privatdozent an der Universität Köln, der auf Einladung erstmalig an der Runde teilnahm: „Jedenfalls in meiner Gegenwart hat niemand so etwas gesagt. Was in der Tat diskutiert wurde, war die Frage, wie man kriminelle Ausländer oder abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben kann. Aber darüber denkt selbst der Bundeskanzler nach.“


Was Vosgerau tat, war ungeplant über die rechtlichen Probleme der Briefwahl zu referieren. „Es scheint mir nicht unrealistisch, dass in einer muslimisch geprägten Familie mit traditionellem Frauenbild am Ende der Mann bestimmt, was die Frau zu Hause am Küchentisch zu wählen hat. In nicht-muslimischen Familien kann das freilich auch passieren. In solchen Fällen sind die Grundsätze freier und geheimer Wahlen aber verletzt – und das politische Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Frauen ebenso. Dies sind die Gründe, warum ich kein Anhänger der Briefwahl bin. Und genau das habe ich vorgetragen.“ Von diesen Zusammenhängen aber findet man in den Enthüllungen von Correctiv: nichts.


Gemäß Correctiv hätte Vosgerau aber „Bedenken in Bezug auf junge Wählerinnen türkischer Herkunft“ geäußert - was ausländerfeindlich klingt. Vosgerau kündigte inzwischen Klage gegen Correctiv an, Gerrit Huy MdB tat dies bereits: wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und der Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Ganze 18 Rechercheure sollen an dem Scoop beteiligt gewesen sein. Die Geschichte verbreitete sich in Windeseile im gesamten Mediensystem: „Selbst der Spiegel pinselte die Geschichte ohne eigene Recherche einfach komplett ab“, empörte sich Brodkob. Bis Ende Januar gab es gar einen „Live-Ticker“ zum „Geheimplan“.


Dazu muss man wissen: Die „Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH“, die auch die Online-Journalistenschule „Reporterfabrik“ betreibt, finanziert sich durch Spenden von Stiftungen und Privatleuten sowie durch Erlöse einer gewerblichen Tochtergesellschaft, die Bücher herausgibt und Faktenchecks für Facebook durchführt. Hauptspenderin war zunächst die Brost-Stiftung, die auch die Anschubfinanzierung in Höhe von drei Millionen Euro übernahm. Ihr Vorstandschef ist Bodo Hombach (SPD), Mitglieder der Kuratoriums sind u.a. WDR-Intendant Tom Buhrow sowie die Ministerpräsidenten Armin Laschet und Hendrik Wüst (CDU). Zuwendungen von 100.000 Euro und mehr erhielt Correctiv u.a. von Google, der Bundeszentrale für politische Bildung, der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen und Facebook. Da fällt es schwer, nicht an eine „Schmutzkampagne staatsfinanzierter Tintenstrolche“ zu denken, wie sich der AfD-Fraktionschef Baden-Württembergs Anton Baron MdL erregte. „Wenn der Staat ausgewählte politische Gruppen in ihrem Kampf gegen andere Meinungen unterstützt, zeigt er den Bürgern, dass er bestimmte Ansichten als unerwünscht ansieht. Und das, obwohl sie grundrechtlich geschützt sind“, so Arndt Diringer in der WELT.


Abschiebungen im großen Stil

Doch weder diese Finanzierung noch die Faktenlage selbst waren seitdem Gegenstand irgendeiner Berichterstattung. Zu dieser Faktenlage gehört zunächst: Sowohl Tichys Einblick TE als auch Achgut hatten gegen Correctiv bereits Klagen angestrengt und gewonnen. Zu dieser Faktenlage gehört vor allem: die Forderung nach Remigration, also der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer, von denen allein es gegenwärtig 304.308 (2022) plus etwa 600.000 Syrer, die einen vorübergehenden Schutzstatus wegen des Bürgerkriegs haben, in Deutschland gibt (die hunderttausenden Ukrainer sind da noch gar nicht eingerechnet), ist ein uralter Hut quasi aller Parteien. Schon zur Wahl am 29.9.1991 plakatierte die Bremer CDU „Asylmissbrauch beenden“ und „Scheinasylanten konsequent abschieben.“ Die baden-württembergische Landtagsfraktion entwickelte 2017 das Programm „Fit for return“, der federführende heutige Landessprecher Emil Sänze MdL sagte damals: „Unsere Devise heißt: Remigration statt Integration.“ Christian Lindner (FDP) erklärte am 6.9.2017 in BILD: „Aus dem Flüchtlingsstatus kann nicht automatisch ein dauerhafter Aufenthaltsstatus werden. Die Menschen müssen in die alte Heimat zurückkehren, sobald die Lage es dort zulässt.“ Am 7.8.2023 sprach sich Faeser für die „Abschiebung von Clan-Mitgliedern auch ohne Straftat“ (!) aus.


Wochen später forderten die unionsgeführten Länder, bei Clankriminalität den Entzug des deutschen Passes zu prüfen; die CDU Rheinland-Pfalz wollte am 19.10. Hamas-Anhängern in Deutschland den Doppelpass entziehen. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte nur einen Tag später „Abschiebungen im großen Stil“, wofür die Behörden „rund um die Uhr erreichbar“ sein müssten – der Spiegel machte daraus eine Titelgeschichte. Denn der Ampel-Koalitionsvertrag sieht ausdrücklich eine „Rückführungsoffensive“ unter genau diesem Begriff vor. Und der Tagesspiegel berichtete am 15.11., dass die SPD Antisemiten bis zu zehn Jahren rückwirkend den deutschen Pass nachträglich entziehen wolle. Patrick Bahners schreibt dazu in der FAZ: „In der Sache gehen die Punkte in Sellners Konzept, die Correctiv referiert, an vielen Stellen nur ein oder zwei Schritte über die migrationspolitischen Planspiele der Ampelkoalition und der Unionsparteien hinaus. Ein „Musterstaat“ in Afrika – das ist erst einmal nur die konsequentere Variante des Projekts der Stabilisierung Libyens oder der Ruanda-Pläne von Rishi Sunak und Jens Spahn. Assimilationsdruck – für Linnemann-CDU und Giffey-SPD kein Tabu.“


Doch all diese Ankündigungen blieben Theaterdonner. Befangen zwischen den Vereinbarungen zum Schutz der Menschenrechte und dem Missbrauch der Asylgesetzgebung manövrieren sich die Zielländer der Migranten von einem schlechten Kompromiss zum nächsten, wirken alle betroffenen europäischen Regierungen, nicht nur die deutsche, generell hilflos, schließlich möchte niemand als Rassist dastehen. Und so sind die Remigrationspositionen der AfD die „Konsequenz einer inzwischen rund ein Jahrzehnt anhaltenden unkontrollierten Masseneinwanderung, die von den etablierten Parteien entweder schöngeredet oder für schlicht nicht regulierbar erklärt“ wurde, so Marc Felix Serrao in der NZZ. „Wenn alle etablierten politischen Kräfte ein Problem dieser Größenordnung liegenlassen, dann schlägt das Pendel irgendwann in die andere Richtung aus. Das passiert jetzt.“ Denn: Trotz der Einwanderung von Millionen Migranten ist der Fachkräftemangel so groß wie nie zuvor. Einwanderung löst kein Problem, sondern ist selbst eins.  Eine Studie von Bernd Raffelhüschen für BILD berechnet: Ändern sich die endlosen Migrationsströme von 300.000 p.a. nicht, wird Deutschland diese falsche Art von Migration 19,2 Billionen € (sic!!!) kosten. Das ist 4,5-mal das deutsche Bruttoinlandsprodukt - oder 21 Jahre des gesamten Steueraufkommens in Deutschland.


Zur Faktenlage gehört weiter, dass die sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres” den Begriff „Remigration“ gerade fünf Tage nach der „Enthüllung“ zum Unwort 2023 wählte - obwohl der Begriff seine Aufladung erst durch Correctiv erfuhr: Remigration hat mit Deportation genau null zu tun. Sogar der Bayerische Rundfunk schreibt in seiner Meldung dazu: „Im wissenschaftlichen Kontext, im Rahmen der Migrationsforschung freilich hat der Begriff seit langem eine andersgeartete, nämlich neutrale Bedeutung: Hier versteht man darunter meist die freiwillige Rückkehr oder Rückwanderung ins Herkunftsland.“ Jetzt dagegen wird in ausnahmslos jeder thematisch verwandten dpa-Meldung der Satz penetriert: „Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang“.


Quelle: Fehlanzeige. Dass Remigration als „Rückwanderung“ im nationalen Interesse Deutschlands liegt, ja ein simples Rechtsstaatsgebot ist, bleibt ausgeklammert. Damit ist das gewünschte absurde Framing „Remigration = Deportation“ etabliert, binnen Stunden wurde es von Schreiberlingen bei Wikipedia verankert: ein Indiz enzyklopädischer Macht, bezahlt unter anderen von der „Gesinnungsmilliarde“ (https://www.tumult-magazine.net/post/thomas-hartung-eine-gesinnungsmilliarde). Es taucht natürlich auch prominent in den Suchmaschinen der Tech-Konzerne auf. Der Wikipedia-Eintrag ist bereits umfangreicher als der zur eigentlichen Wannseekonferenz 1942. Die SPD-dominierte SZ ging noch einen Schritt weiter, indem sie die Überschrift „Deportation für Staatsbürger: Was die ‚Remigration’-Pläne der AfD bedeuten“ mit einem Foto kombiniert, das Juden zeigt, die einen Viehwaggon besteigen müssen. Das ist kein Witz.


Unmengen an Geraune


Apropos Theaterdonner: Am Berliner Ensemble hatte Kay Voges, eigentlich Intendant und Regisseur am Wiener Volkstheater, eine Art Reenactment jener heiß diskutierten Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ auf die große Bühne gebracht, die gerade eine Woche zuvor erschienen und zu lesen war – schon damals übrigens gut portioniert in Aktaufzüge und kleine Szenen. Ausgerechnet am Berliner Ensemble, an dem der große Heiner Müller einst noch behauptet hatte, es sei die Funktion von Kunst, die Wirklichkeit unmöglich zu machen, hatten sich aktivistische Nachgeborene daran gewagt, den sonst so unumstößlichen Theatermacher von den Füßen auf den Kopf zu stellen: Statt die Wirklichkeit unmöglich zu machen, sollte Kunst jetzt das eigentlich Unmögliche zu ermöglichen, wie Ralf Hanselle im Cicero analysierte. Heraus kam eine Farce, wie allein das Beispiel des Veranstalters, des 69jährigen Düsseldorfer Ex-Zahnarzts Gernot Mörig, zeigt, aus dem die „Bühnenfigur Gernot Mörig“ wird. Denn die eröffnet ihre längere Redepassage gleich zu Beginn mit einer wichtigen Klarstellung: „Meine lieben Patrioten, ich bin die Bühnenfigur Gernot Mörig […]. Was ich jetzt hier sage, das habe ich wortwörtlich nicht so gesagt.“


Das diene vor allem der juristischen Absicherung, erklären die Darsteller, vielleicht auch der künstlerischen Freiheit. „Wie passend, dass sich mit dieser Vorerklärung nun so ziemlich alles behaupten und dem Potsdamer Treffen so ziemlich alles andichten lässt. Wer weiß, vielleicht war es ja so. Oder vielleicht war es auch alles ganz anders“, ärgert sich Lorenz Bien in der JF. „Du meinst die Bewahrung von Rassen, dann sag das doch auch“, ruft eine Schauspielerin etwa, wenn die „Bühnenfigur Martin Sellner“ von ethno-kulturellen Gruppen spricht. Mit Journalismus habe das kaum etwas zu tun, eher mit einer selbstreferenziellen Show auf Kosten anderer, befindet Nicolay. „Eine Theaterinszenierung, die gegebenenfalls die juristischen Schattenseiten der (illegalen) Investigativ-Abhörung und die Missachtung von Persönlichkeitsrechten in Potsdam abzuschwächen versucht, ist dennoch ein absolut unverständliches Stilmittel, wenn es um die Frage von journalistischer Seriosität geht. Schon hier lässt sich erkennen, dass die Spitzel von Correctiv bei der Frage der wahrheitsgetreuen Wiedergabe ihrer Erkenntnisse in einem Dilemma stecken, das sie klug dafür nutzen, die Steilheit der Angelegenheit, also den Skandalfaktor, im Rahmen der künstlerischen Freiheit zugespitzt aufzuladen, womit sich nebenbei die illegalen Methoden ihrer ‚Aufdeckung‘ in einer Grauzone verklappen lassen.“


Wolfgang Höbel muss das im Spiegel, wenn auch versteckt, eingestehen: „‚Jetzt haben wir in Deutschland ja leider eine Gewaltenteilung. Und ich frage mich, was wäre, wenn man Exekutive und Judikative zusammendenkt. Historisch gibt es dafür ein Beispiel: die Gestapo.‘ Es ist still im Theater, während solche Sätze, die womöglich in Potsdam geäußert wurden, vorgetragen werden“. Das Originalskript von Correctiv gab wenig Handfestes an die Seite, meint Hanselle:  „Kaum einmal direkte Rede, kein Dialog, geschweige denn wortwörtlicher Theaterdonner. Über wirklich belastbare Äußerungen aus den Reihen des geheimen Planungsstabs gegen Deutschland schwieg sich die Recherche weitestgehend aus. Stattdessen Unmengen an Geraune, Atmosphäre und assoziativ geladenem Nebentext.“ Dazu das kitschige Ende: „Vielleicht wird dieser Abend auch Teil einer neuen Erzählung, einer Erzählung, die damit beginnt, dass wir uns gegen die faschistischen Kräfte in unserem Land wehren. Es könnte eine Erzählung sein, die zeigt, dass wir viele sind. Dass wir laut sind. Dass wir als Zivilgesellschaft nicht pennen.“


Damit hat offenbar ein neuer Mythos die politische Bühne betreten, meint Bien. „Und wie es bei Mythen üblich ist, ist es dabei auch gar nicht so wichtig, ob das am Ende alles so stimmt. Sondern, dass der Mythos mobilisiert.“ Grimm wiederum erkennt: „Wenn Journalisten am 25. November wirklich die Verschwörung zu millionenfacher Vertreibung von Ausländern und Deutschen mit ausländischen Wurzeln aufgedeckt hätten, würden sie kaum bis zum Januar gewartet haben, um das Land vor dieser drängenden Gefahr zu warnen. Wenn das Ganze natürlich fürs Theater aufbereitet werden musste, dauert die Veröffentlichung eine Weile.“ Wenn man sich einen Moment zurücknimmt, ist das einfach nur filmreif, meint auch Schlaun – „in einer Weise, gegen die das DDR-Staatskabarett im Rückblick geradezu subtil wirkt“, moniert Alexander Wendt auf publico. Mehr als 40 Theater und andere Kulturstätten in Deutschland und Österreich und das Onlineportal Nachtkritik  zeigen die ausverkaufte Veranstaltung übrigens im Livestream.


Stalinistische Selektionsmuster


Begleitend kam ein Instrumentarium zum Einsatz, dessen wissenschaftliche Analyse späteren kommunikationswissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten vorbehalten bleiben mag; an dieser Stelle seien kaleidoskopartig nur Schlaglichter genannt. Zuvörderst die Kultur, die sich auch außerhalb des Berliner Ensembles nicht lumpen ließ: Die Band Kettcar etwa veröffentlichte einen weinerlichen Song um einen türkischstämmigen Jungen und drehte das Video dazu an Schauplätzen der NSU-Morde. Gemeinsam mit Udo Lindenberg  und der Techno-Marching-Band Meute spielte sie auf dem DGB-finanzierten Konzert „Hamburg steht auf – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke“, das man sinnigerweise als Demo deklarierte. Die Schlagzeilen dazu begannen bei 50.000 Teilnehmern und endeten bei 130.000, da sei die Demo abgebrochen worden. Aber: vergleicht man die Livebilder der Hansestadt mit der Berichterstattung im ZDF, wird eine plumpe Bildfälschung sichtbar: auf der Alster stehen plötzlich Menschen. Dazu flottiert im Netz ein Stelleninserat, in dem für 60 Euro Demo-Statisten für Hamburg gesucht werden. Das erinnert an das Vorgehen bei den Anti-Pegida-Protesten in Dresden – oder in entgegengesetzter Richtung an 1989 – mit einer Potenzierung: Daniel Lütke unterzog die Bilder der Demos auf dem Kölner Heumarkt einer KI-Analyse und kam auf eine Wahrscheinlichkeit von 82 % für eine Fälschung durch Künstliche Intelligenz. Dietrich Brüggemann alias „Theodor Shitstorm“ hat dazu das bissige Satirevideo „Alle gegen Nazis“ auf Youtube publiziert.


Der Stuttgarter Jazzopen-Veranstalter OPUS Festival Veranstaltungs- und Management GmbH lud per Pressemitteilung AfD-Anhänger aus. „Stalinistische Selektionsmuster“ erkennt der kulturpolitische AfD-Fraktionssprecher Baden-Württembergs Dr. Rainer Balzer MdL: „Wie sollen bitteschön ‚Anhänger der AfD‘ identifiziert werden, wenn sie die Konzerte besuchen? Sind wir wieder bei den Erbärmlichkeiten der Amadeu-Stiftung, wonach Eltern ‚völkisch‘ seien, wenn ihre Mädchen im Kindergarten Zöpfe tragen? Wäre es nicht so entsetzlich, müsste man darüber lachen! Und überhaupt:  Jazz sei die musikalische Ausdrucksform für Freiheit, Mut und Toleranz, weswegen ‚völkisches Denken‘ da keinen Platz habe. Maßen sich schwäbische Veranstalter, die natürlich vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart gesponsert werden, jetzt an, Musik und deren Rezeption zu dekretieren?“ Er verwies darauf, dass in der DDR der staatlich geförderte Propagandachor „Oktoberklub“ einst im Lied „Sag mir, wo du stehst“ gesungen habe: „Wir haben ein Recht darauf dich zu erkennen. / Auch nickende Masken nützen uns nicht“. Prompt fragt Balzer: „Sind wir wieder soweit? Dieses wohlfeile ‚Zeichensetzen‘ für die herrschende Macht ist nichts weiter als eine armselige Anbiederung an den polarisierten ideologischen Zeitgeist. Andererseits bezweifle ich, dass AfD-Anhänger freiwillig einem feisten Bekenntnis-Gröler wie Herbert Grönemeyer lauschen werden.“ Und der mit 5000 Euro dotierte „Karikaturenpreis der deutschen Zeitungen“, gestiftet vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), ging an Michael Holtschulte für eine „Karikatur über wachsenden Rechtsextremismus“.


Auch der Sport, zumal der Fußball, trug freudig zur Spaltung der Gesellschaft bei. „Und wer weiß noch, wie viele Tausende mit der schwarz-rot-goldenen Fahne durchs Land gefahren sind“, erinnerte Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß in seiner Trauerrede auf Franz Beckenbauer an die von diesem ins Land geholte Fußball-WM 2006. „Weil sie stolz waren auf unser Land. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da müssen wir wieder hinkommen in unserem Land, dass alle Stolz sind. Die AfD möchte ich aber nicht dabeihaben.“ „Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Das steht außer jeder Frage. Es ist fünf Minuten vor zwölf. Wer jetzt nichts tut, hat in der Schule und in Geschichte nichts verstanden“, sagte Freiburgs Trainer Christian Streich. Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald forderte ein „lautes, entschiedenes Signal gegen jegliche Form von Ausgrenzung, Intoleranz und Diskriminierung.“ „Zum Thema Rechtsextremismus muss man ganz klar sagen, können nicht genug aufstehen“, so Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Auch andere Vereine positionierten sich und riefen zu Kundgebungen auf, in Hamburg gleich der HSV gemeinsam mit St. Pauli.


Keine funktionierende Demokratie


Dann natürlich die Politik, allen voran die SPD, die sich in Verbotsfantasien förmlich überschlug; und da allen voran Sachsens SPD-Sozialministerin Petra Köpping: „Wir sollten die Chancen eines AfD-Verbots regelmäßig prüfen. Das NPD-Verbotsverfahren ist damals gescheitert, weil die Partei nur auf geringe Wahlergebnisse kam und damit keine Gefahr darstellte. Das sehe ich bei der AfD anders. Die AfD ist stark, sie ist eine Gefahr für die Demokratie.“ Der Publizist Thor Kunkel kommentierte bissig auf Facebook: „Die Anzahl deutscher Politiker, die ein Verbot ihres politischen Gegners fordern, ist alarmierend – oder einfach auch nur absurd wie im Fall der Vertreterin einer 3%-SPD, die lautstark forderte eine Opposition von über 34% zu verbieten.“ Denn zum Zeitpunkt des Spiegel-Interviews wäre die SPD aus dem Dresdner Landtag geflogen. Es sei wichtig, „dass über ein AfD-Verbot gesprochen wird und so auch Wählerinnen und Wähler aufgerüttelt werden“, so SPD-Vizechefin Saskia Esken gegenüber dpa. Das bedeutet nichts anders als: Wir führen eine Verbotsdebatte, um Wähler von der AfD abzuschrecken, ärgert sich Alexander Grau im Cicero: „Eine Demokratie, die solche Verteidiger hat, braucht keine Feinde mehr.“


„Die AfD ist in der Form, in der sie heute besteht, keine verfassungswidrige oder gar zu verbietende Partei“, sagt auch der ehemaligen Bundesminister und renommierten Staatsrechtler Rupert Scholz (CDU) auf TE. Demokratiedefizite sieht er eher bei den Gegnern, die dafür das Grundgesetz fehlinterpretieren; dieselben Verwürfe richtete er gegen die Ampelpläne für eine Grundgesetzänderung zur Besetzung des Bundesverfassungsgerichts. „Wer Andersdenkende nicht durch die besseren Argumente und Politik überzeugt, sondern durch Diffamierungen, Verbote und Drohungen versucht zu diskreditieren, der steht nicht für Demokratie, sondern für genau das totalitäre Mindset, das man eigentlich überwinden wollte“, erkennt Judith Sevinç Basad auf Nius treffend. Politische Bedürfnisse lassen sich nicht durch Gerichtsurteile aus der Welt schaffen. Jedenfalls nicht im Rahmen einer Demokratie, die den Namen verdient. „Wer auf politische Herausforderungen mit juristischen Maßnahmen reagiert, destabilisiert die Demokratie“, ergänzt Grau prompt. „Denn er scheint jenen recht zu geben, die der Bundesrepublik zu bescheinigen versuchen, dass sie eben keine funktionierende Demokratie sei.“ Das bewies etwa Faeser, die sich am Gedenktag für die Opfer des Holocaust zu dem grotesken Satz hinreißen ließ: „Keine 80 Jahre nach dem Ende des Hitler-Regimes werden wieder Pläne geschmiedet, Menschen systematisch zu diskriminieren und zu drangsalieren, zu entrechten und zu vertreiben aufgrund ihrer Abstammung, ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer politischen Haltung.“


Denn auch in Deutschlands schlimmsten Zeiten wurden Andersdenkende mundtot gemacht und Parteien verboten, um die Macht zu sichern: Kann es ein schärferes Zeichen des Regierungsversagens geben als die Aufforderung ebendieser Regierung, gegen eine Oppositionspartei auf die Straße zu gehen, als die ultimative Delegitimierung politischer Positionen, „um sich nicht um diese Wähler kümmern zu müssen. Das Verlockende an einem AfD-Verbot ist, dass es unbequeme Sachdiskussionen scheinbar beendet, bevor sie angefangen haben“, folgert Ferdinand Knauss im Cicero. „Das Verbot einer von vielen Bürgern gewählten Partei ist zweifellos ein Eingriff in die Freiheit der Bürger. Der Staat spricht damit deren Wählern ‚moralische Substanz‘ ab und maßt sich an, autoritativ zu garantieren, was er mit dem Eingriff gerade aufhebt: die Freiheitlichkeit“. Der Dresdner Politik-Emeritus Werner Patzelt befand in der JF: „Eine vernünftige Partei würde in dieser Lage sorgsam erwägen, worin ihre Konkurrenz vielleicht doch recht haben könnte, würde ihre eigenen Positionen entsprechend korrigieren, dadurch politisches Lernen praktizieren und auf diese Weise nachweisen, dass unsere pluralistische Demokratie nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis funktioniert. Doch so haben sich Deutschlands etablierte Parteien gerade nicht verhalten, sondern derlei als ein ‚Zurückweichen vor Rechtspopulisten‘ ausgegeben. Wie staatsschädigend dumm!“


Im besten Deutschland aller Zeiten


Hinzu kommen verbale Ausfälle schlimmster Art. Vor 1000 Gästen im Maritim-Hotel am Düsseldorfer Flughafen erklärte die FDP-Spitzenkandidatin zur Europawahl Marie-Agnes Strack-Zimmermann MdB wörtlich: „Je größer der Haufen Scheiße, umso mehr Fliegen sitzen drauf.“ Es sei die Aufgabe der demokratischen Parteien, „aus diesem Haufen ein Häufchen zu machen“. Die Zuhörer forderte die FDP-Verteidigungsexpertin auf, „laut gegen die AfD ihre Stimme zu erheben, auch im privaten, geselligen Kreis“. Oder textete Jan Fleischhauer im Focus: „Hätte Quentin Tarantino einen Nachfolger des SS-Offiziers Hans Landa zu besetzen, der Malermeister aus Sachsen wäre eine Empfehlung. Wobei, ich muss mich korrigieren. Das ist Unsinn. Über die SA wäre einer wie Chrupalla nie hinausgekommen.“ Selbst wenn das ein Witz wäre, wäre er grottenschlecht.


Und hinzu kommt erst recht die Instrumentalisierung von Kindern. Unter dem Titel „3500 Menschen demonstrieren vor dem Roten Rathaus gegen Rechtsextremismus“ wurde im RBB eine Schülerin vorgeführt – bei voller Namensnennung. „Dass Kinder politische Äußerungen von sich geben, war bislang Diktaturen vorbehalten. In der DDR und in der Sowjetunion war es gang und gäbe, dass Kindergarten- oder Schulkinder vor die Kameras gezerrt wurden, um Bekenntnisse zum Sozialismus oder zur aktuellen Parteipolitik abzugeben“, moniert Boris Reitschuster. „Die Macher der RBB-Abendschau hatten keine Skrupel eine Schülerin, die aussah, als wäre sie nicht einmal zehn Jahre alt, erzählen zu lassen, dass ihre Mitschüler anderer Hautfarbe jetzt Angst hätten. Mit diesen Methoden wird Angst erst geschürt.“ Denn: Wer die Berliner Schulverhältnisse kennt, weiß um das Problem, dass viele migrantische Kinder in den unteren Klassen kaum Deutsch sprechen und in deren Elternhäusern kaum deutsches Fernsehen geschaut wird. „Hier wurde ein besonders schlimmes Stück Propaganda in Szene gesetzt… offenbar in der Hoffnung, den Zuschauern so die richtige Haltung beizubringen.“


Schlimmer noch das Rottenburger Paul-Klee-Gymnasium: Es wollte die Klassen 8-12 zu einer „Kundgebung für Vielfalt und Demokratie – Rottenburg gegen Rechtsextremismus“ während der Schulzeit verpflichten. Dem Elternanschreiben war nicht nur zu entnehmen, dass die Nichtteilnehmer Ersatzunterricht erhalten und daher separiert werden sollen, sondern auch eine hanebüchene Begründung: Die Demo finde im Kontext von „Demokratiebildung“ statt und trage zur Erfüllung des Verfassungsauftrags gem. § 12 bei. Süffisant werden dann die „lieben Eltern“ aufgefordert, sie „müssten“ nun eine Entscheidung treffen und diese schriftlich der Klassenlehrerin mitteilen. Dieses Vorgehen, das nicht nur dem Beutelsbacher Konsens widerspricht, sondern auch einen unerträglichen Konformitätsdruck aufbaut, ist eine totalitäre Ungeheuerlichkeit, die in der pädagogischen Praxis des Landes ihresgleichen sucht. Sie erinnert an die Zwangsverpflichtung der Schüler zur Teilnahme an den 1.Mai-Demonstrationen zu DDR-Zeiten.


Auf die Intervention des stellvertretenden bildungspolitische AfD-Fraktionssprechers Baden-Württemberg, Hans-Peter Hörner MdL, antwortete nun nicht die Schule, sondern Oberbürgermeister Stefan Neher. Und der wagte es tatsächlich, an der „Erziehungsfähigkeit“ der Eltern, die Hörner darauf aufmerksam machten, zu zweifeln und ihn aufzufordern, „diese Mitteilungen am besten der Polizei“ zu übergeben, „da wir gemeinsam gegen alle Staatsfeinde vorgehen müssen.“ „Dass dieser CDU-Büttel misstrauische Eltern als Staatsfeinde brandmarkt oder unbewiesen und pauschal von ‚demokratiefeindlichen Inhalten‘ fabuliert – von wem eigentlich, und welche sollen das sein – die nicht von der Neutralitätspflicht der Schule gedeckt seien, ist an arroganter Infamie kaum zu überbieten“, empört sich Hörner. Interessanterweise sind sowohl auf dem Schulcloud-Kanal der Schule als auch auf der Homepage der Stadt die entsprechenden Einträge verschwunden – 1984 lässt grüßen. Parallel dazu wurde der Fraktion ein Bild vom Scheffold-Gymnasium in Schwäbisch Gmünd mit Plakaten gegen die AfD zugespielt: „Damit sind wir im real existierenden Stalinismus angelangt“, so Hörner. Laut Nius wurden mindestens fünf weitere Schulen derart instrumentalisiert, darunter in Bayreuth, wo sogar die Note 1 fürs Mitmachen erteilt worden sein soll.


Hitlergleiche Bedrohung konstruiert


Das nächste Instrument war eine Petition für den Entzug von Grundrechten von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. „Nur, wenn man eine hitlergleiche Bedrohung konstruiert, wenn man die Demokratie in Gefahr sieht, hat man auch die Legitimation für eine hart durchgreifende Regierung, die den Entzug von Grundrechten (etwa im Fall von Björn Höcke) verlangt und Parteiverbote (im Fall der AfD) durchsetzt“, empörte sich Basad. Selbst Mörder und Vergewaltiger verlieren zwar ihre Freiheit, aber niemals ihre Grundrechte. Was für ein verheerendes Licht wirft die Petition auf ihre über eine Million (!!!) Unterzeichner und deren Weltbild! Nicht zu vergessen: Wer dafür stimmt, einem anderen die Grundrechte zu entziehen, sollte bedenken, dass er der Nächste sein könnte. Boris Reitschuster zitiert den Kommentar eines Tom Berger auf Facebook: „Es hilft tatsächlich nur, solche Leute aus dem demokratischen Entscheidungsprozess weitgehend auszuschließen. Unsere Demokratie muss wehrhaft gegenüber solchen Leuten sein.“ Unter dem Deckmantel, den Faschismus zu bekämpfen, errichten sie genau diesen: „Wer Grundrechte für disponibel und entziehbar hält, ist bereits dem autoritären Denken verfallen und damit Teil des Problems, nicht der Lösung. Wer Höcke zudem das passive Wahlrecht entziehen will, macht die Demokratie lächerlich und gefährdet damit das, was wir alle doch verteidigen wollen“, meint Christian Rath in der taz (!).


Nebenbei: Bisher gab es in Deutschland vier Anträge auf Entziehung der Grundrechte gegen ausschließlich Rechtsextremisten, die alle vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurden; die letzten 1996 sogar ohne Begründung. Die Verfahrensdauer betrug übrigens vier bis acht Jahre. Ende Januar dann der Paukenschlag: Martin Sellner wird mit sofortiger Wirkung die Einreise in die Bundesrepublik verweigert. Damit ist erstmals offiziell, dass der Links- und nicht mehr Rechtsstaat Deutschland bereit ist, im Fall von Vertretern missliebiger Weltanschauungen – bei denen es sich inhaltlich um zwar als rechtsextrem gebrandmarkte, aber vor keinem Gericht und schon gar nicht dem Verfassungsgericht als verfassungsfeindlich oder sonst justiziable Positionen handelt – die Rechte mit Füßen zu treten, die derselbe Staat ansonsten vielhunderttausendfach jährlich jedem Dahergelaufenen gewährt: Nämlich die Einreise in die vermeintlich freiheitliche Bundesrepublik.


Als schwächere Stufe kommt das Canceln missliebiger Personen hinzu. Nicht nur, dass Bundeschefin Alice Weidel ihren Berater, Ex-MdB Roland Hartwig, als Veranstaltungsteilnehmer feuerte, was innerparteilich gar nicht gut ankam; es traf vor allem die Hotelbesitzer und –betreiber Mathilda Martina Huss und ihren Ex-Partner Wilhelm Wilderink, die nach Angaben von Kontrafunk-Chef Burkhard Müller-Ullrich „wirtschaftlich vernichtet“ werden sollten. Beiden habe die Hausbank die Kredite gekündigt, Huss solle ihr Eigentum in Sachsen (das mittelsächsische Schloss Reinsberg) verlieren, und die SPD-geführte Potsdamer Stadtspitze würde prüfen, ob man Huss nicht die Verfügungsberechtigung über das Gästehaus entziehen könnte. „So geht es zu im besten Deutschland aller Zeiten“, so Müller-Ullrichs bitteres Fazit. Die Potsdamer AfD-Stadtratsfraktion hat inzwischen eine Anfrage an den Oberbürgermeister gerichtet.


Der Franchise-Unternehmer Hans-Christian Limmer, Gründer der Bäckereikette „Backwerk“ und gemeinsam mit Mörig Veranstalter des Treffens, gab seine Beteiligungen an „Hans im Glück“ und „Pottsalat“ zurück, was zu Geschäftseinbußen führen dürfte. Die Universität Köln, an der Vosgerau bis 2018 lehrte, distanzierte sich in einem Statement. Man wolle prüfen, ob Vosgeraus Voraussetzungen für den Status „Privatdozent“ noch gegeben seien. Auch der Verein deutsche Sprache (VDS), für den sich die Teilnehmerin Silke Schröder ehrenamtlich engagiert, ging auf Distanz zu ihr. „Der VDS unterstützt keine Aktionen, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind und lehnt Diskriminierung jeder Form ab“, heißt es in einem Statement, das nach Informationen von Nius binnen weniger Stunden veröffentlicht wurde, ohne Rücksprache mit Schröder zu halten. Starphilosoph Peter Sloterdijk trat inzwischen aus dem Verein aus. In der CDU prüft man nach Informationen von Nius derweil ein Parteiausschlussverfahren gegen Simone Baum und Michaela Schneider von der konservativen Werteunion, die am Vortragstag anwesend waren.


Da musste natürlich die Wirtschaft nachziehen. Der hippe Kaffeeversand „suedhang.org“ entblödete sich online nicht dieses Satzes auf der Shopseite: „Hiermit erkläre ich, dass ich mich von rechtem Gedankengut distanziere. Insbesondere hege ich keinerlei Sympathien für die AfD und ihr nahestehende Gruppierungen.“ Wer kein Häkchen setzte, konnte nicht bezahlen. Die Sparkasse Nürnberg hat auf ihrer Internetseite dazu aufgerufen, die aktuellen Demonstrationen „gegen Rechtsextremismus“ zu besuchen. Auch Mobilfunkanbieter Congstar und die Kette „Karlchens Backstube“ positionierten sich „gegen rechts“. Den Vogel abgeschossen hat sicher die Wohnungsgenossenschaft in Eisenhüttenstadt, einer als sozialistische Kunststadt geschaffenen Kommune, deren Vorläufer als Stalinstadt bekannt war. In einem Facebook-Post heißt es: „Wir akzeptieren und dulden keinerlei rechtsextreme Aussagen, Handlungen oder Gedanken. Weder in unseren Objekten, noch in unserer Genossenschaft. Vorfälle einer solchen Art, nehmen wir außerordentlich ernst und werden bei uns als oberste Priorität nachverfolgt. Für uns stellen sie einen Grund einer fristlosen Kündigung und dem Ausschluss als Mitglied der Genossenschaft dar.“ Das ist zum einen hanebüchener Unsinn, weil es eine Baugenossenschaft genauso wenig wie Vermieter etwas angeht, was in ihren Objekten gesprochen oder gar gedacht wird. Allein, dass die Verantwortlichen auf die Idee kommen, das ginge sie irgendetwas an, zeigt, in welch totalitärem Denken sie sich verfangen haben. Zum anderen aber: Wie wollen die Verantwortlichen das Denken und Reden in den eigenen vier Wänden kontrollieren? Wanzen? Aber die würden ja nur die Sprache auffangen, nicht die Gedanken. „Selten war Aktionismus und vorauseilender Gehorsam perverser und dümmer“, bilanziert Boris Reitschuster.


Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral


Als weiteres Instrument ist die Verkündung politischer Bündnisse zu sehen, die teilweise an die Nationale Front der DDR erinnerten: Die JU Saalfeld etwa hat sich für eine Kundgebung tatsächlich mit den Jugendorganisationen von Grünen, SPD und Linken zusammengetan. Besonders aktionistisch gab sich Baden-Württemberg. So rief die SPD zu einem überparteilichen „Bündnis für Demokratie und Menschenrechte“ auf. Alle „demokratischen“ Parteien im Landtag, der DGB mit seinen acht Mitgliedsgewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Kommunalverbände, Sozialverbände, Kirchen, Diözesen und Religionsgemeinschaften sowie zahlreiche zivilgesellschaftliche Verbände und Vereine hätten ihre Mitwirkung zugesagt. Nebenbei: die Partei liegt nach dem jüngsten BW-Trend bei der Hälfte der AfD-Stimmen: neun Prozent. Rechtsextremistische Strömungen versuchten, die demokratische Grundordnung in Deutschland zu untergraben, heißt es unter anderem in einer Erklärung von 30 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern. Es seien nun alle gefordert, die Stimme zu erheben für eine demokratische Zukunft des Landes.


In einem weiteren Appell positionierten sich junge Bürgermeister: „Es ist Zeit, Farbe zu bekennen. Ganz gleich, welche Meinung oder welchen Hintergrund wir haben, es geht um mehr – es geht darum, unsere Demokratie zu verteidigen. Es ist unsere Demokratie, unsere Freiheit und unser Land“, heißt es im Appell eines parteiübergreifenden Netzwerks. Hierunter fallen ebenfalls kirchliche Wahlwarnungen: Nach dem württembergischen Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hatten sich auch die Spitzen der badischen Kirchen rechts positioniert. „Wir stehen ein für eine demokratische Gesellschaft und für die unverlierbare Würde jedes Menschen“, heißt es in einem gemeinsamen Statement des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger und der Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Baden, Heike Springhart. „Wer diese Würde mit Füßen tritt und sich von Rassismus und Menschenverachtung leiten lässt, verlässt den Boden unserer Demokratie.“ Belege für diese Worthülsen wurden nicht geliefert. Auch die sechs für Ostdeutschland zuständigen katholischen Bischöfe appellieren in einem offenen Brief an die Menschen, bei den Wahlen in diesem Jahr nicht für die AfD zu stimmen. „Gott, wehre der AfD, stehe uns bei im Kampf gegen die AfD, stärke uns bei den Demonstrationen!“, lautete laut Cicero eine Fürbitte des Predigers einer bremischen Gemeinde.


Überraschend war dabei, wie schnell solche Bündnisse aus Parteien, Vorfeldorganisationen und NGO’s dabei Demos organisierten, über die alle Medien ebenso brav wie ausführlich berichteten, und – wer dabei Teil der Bündnisse war oder besser nicht war. So hat der BR im Internet eine Münchner Veranstaltung mit folgenden Worten angekündigt: „Dazu aufgerufen hat ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Vereinen und Institutionen, darunter auch Jugendorganisationen wie die Jusos, Linksjugend und Grüne Jugend.“ Nun wusste schon Plato, dass das Weglassen der anderen Hälfte der Wahrheit die schlimmste Form der Lüge ist: Der BR verschweigt, dass dazu auch die linksextreme Rote Hilfe und ANTIFA-NT gehört. Die Münchener „Versammlungsleiterin“, Klima-Aktivistin Lisa Pöttinger, meint, die Selbstverteidigung Israels gegen den Terror der Hamas sei „Völkermord“.


Wegen eines Plakats mit der Aufschrift „AfDler töten. Nazis abschieben!“ ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft Aachen. Es bestehe der Anfangsverdacht einer Straftat, nämlich des öffentlichen Aufrufs zu Straftaten, sagte Oberstaatsanwalt Georg Blank dpa. Fußball-Regionalligist Alemannia Aachen teilte prompt mit, dass man sich auf den Sport konzentrieren wolle, keine politische Vereinigung sei und nicht an Demonstrationen teilnehmen wolle, „auf denen Transparente mit dem Slogan ‚AfDler töten‘ gezeigt werden“. Eine „Spaltung der Gesellschaft“ lehne der Verein ab. Die Stellungnahme wurde in sozialen Netzwerken wegen einer „fehlenden klaren Haltung“ kritisiert. Das muss man sich im Kopf zergehen lassen: Menschen töten gehört also zu einer „klaren Haltung“. Das ist kein Witz. Und nicht ein Mainstreammedium konnte sich zu einer „klaren Haltung“ gegen diese Mordphantasien aufraffen geschweige zu einer Verteidigung des Vereins, der einfach nur Menschlichkeit zeigte.


Nicht zu vergessen: „Die Bauern sollen sich wehren gegen eine rechte Unterwanderung, die es gar nicht gibt. Die guten Demokraten dagegen kuscheln mit tatsächlichen und waschechten Verfassungsfeinden, die erklärtermaßen unsere parlamentarische Demokratie und die Soziale Marktwirtschaft stürzen wollen. Genau dafür sind irgendwann einmal die Begriffe ‚Selbstgerechtigkeit‘ und ‚Doppelmoral‘ erfunden worden“, schreibt Jakob Fröhlich auf TE. Vosgerau mutmaßte auf X inzwischen, die Haushaltskrise habe bei linken Aktivisten die Sorge aufkommen lassen, dass der Fördergeldsegen (vgl. Gesinnungsmilliarde) ausbleiben könnte. „Die Proteste werden vom sogenannten ‚Zweiten öffentlichen Dienst‘ geprägt, der seit der Schröder-Zeit entstanden ist und heute den postdemokratischen politischen Diskurs in Deutschland entscheidend prägt. Hierbei handelt es sich um die zahllosen jungen Akademiker […], die – zumeist mit befristeten Verträgen – für all die NGOs tätig sind, die heute vom Staat finanziert werden“.


Alle zur Solidarität verpflichten


Und diese Demonstrationen der „guten“ Demokraten „gegen rechts“ oder „für Demokratie“ oder gegen/für was auch immer wiesen auf den traurigen Höhepunkt der Causa hin. „Normalerweise richten sich Demonstrationen gegen die Regierungs-Politik. Jetzt organisiert das Regime Demos gegen die Opposition“, bringt AfD-Mitgründer Martin G. Renner MdB das Paradoxon auf Facebook auf den Punkt. Für Bernd Stegemann besteht im Cicero der „Trick also darin, die Bedrohung immer gewaltiger in Szene zu setzen, während die eigene Macht winzig klein erscheinen soll. So wird aus einem Potsdamer Hotel die Wannseekonferenz und aus Bauernprotesten der kommende Umsturz durch rechte Kräfte. Der Trick besteht also darin, mit Panik Politik zu machen, indem man den Gegner als übermächtig und sich selbst als bedroht darstellt, um alle zur Solidarität zu verpflichten.“ Man könnte auch von einer Unterwanderung der Proteste durch die Ampelparteien sprechen. Eine „Mischung aus Herdenbehagen und Bekenntnisdruck“ erkennt Michael Klonowsky auf seinem Blog. Aber für die Regierung demonstriert man nur in Diktaturen.


Der Soziologe Dieter Rucht hat auf Radio eins dagegen die Chuzpe zu erklären, dass sich „wache Bürger … zunehmend selbstbewusst in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen. Und das ist dann ein Qualitätsmerkmal von Demokratie.“ Man stelle sich diese Aussage im Zusammenhang von Pegida-, Anti-Corona- oder Bauernprotesten vor. Und erst recht stelle man sich vor, CDU-Chef Friedrich Merz würde zu einer Demo aufrufen: „Gemeinsam gegen links“. Was wäre da los in diesem Land? Bei „Gemeinsam gegen rechts“ dagegen muss man sich rechtfertigen, wenn man nicht mitmacht. „Rechtsextremismus“ aber, ärgert sich Thorsten Hinz in der JF, „ist ein Kampfbegriff, der benutzt wird, um Kritik am Zustand von Staat und Gesellschaft zu pathologisieren und zu kriminalisieren. „Was man früher Kritik nannte, nennen die Journalisten nun Hetze“, ärgert sich auch Kurt W. Zimmermann in der Weltwoche und konstatiert, dass es nur rechte, aber keine linke Hetze gebe: „Mit dem Killerargument der Hetze kann man jede Diskussion verhindern, die einem politisch nicht passt. Mit einem Kritiker setzt man sich auseinander. Mit einem Hetzer dagegen redet man nicht. Der Vorwurf der Hetze ist darum ideal, um Themen zu tabuisieren, zu denen die Medien keine Diskussion wünschen.“


Ben Krischke befindet im Cicero: „Wenn also überwiegend friedlich gegen die Regierung demonstriert wird, dann ist die Demokratie trotzdem in Gefahr. Wenn überwiegend friedlich gegen eine Oppositionspartei respektive Nicht-Ampel-Parteien demonstriert wird, dann wird die Demokratie aber verteidigt. Und das ist demokratietheoretisch schräg bis unlogisch; als wäre ‚der Staat‘ dasselbe wie ‚die Regierung‘; ‚die Demokratie‘ dasselbe wie die linksgrüne Hegemonie und ein Infragestellen der selbigen ein potenziell staats- und demokratiefeindlicher Akt. Doppelte Standards, auch Begriffsumdeutungen. Mal wieder.“ Hannovers Grünen-Oberbürgermeister Belit Onay reihte sich da ein: Er ließ den Stadtrat als bundesweit erster über ein AfD-Verbot abstimmen – obwohl laut Gesetz ein Verbotsantrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung vorliegen muss. Mehr Symbolpolitik war nie.


Wir erinnern uns: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte am 09.01.2024 zu den Bauernprotesten: „Demokratinnen und Demokraten sollten sich genau überlegen, mit wem sie auf die Straße gehen und welchen Plakaten sie hinterherlaufen.“ Der gleiche Bundespräsident sagte am 12 Tage später zu Protesten mit der Beteiligung von Linksterroristen der Antifa, Extinction Rebellion und „Antizionisten“: „Diese Menschen machen uns allen Mut. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit.“ Er verzichtet damit darauf, der Bundespräsident aller Deutschen zu sein, dann ist er nur noch der Bundespräsident der Ampel. Sevinç Basad spitzt auf Nius zu: „Nur wer auf den Demos mitmarschiert, ist gegen Rechtsextremismus. Wer sich aber weigert oder die Demos gar kritisiert – etwa wegen der zahlreichen Mord- und Gewaltaufrufe an Politikern oder den judenhassenden Hamas-Befürwortern, die dort mitmarschieren –, wird selbst suspekt, zum ‚Rechten‘, zum ‚Nazi‘.“ Der Stern gab passenderweise in der Tradition eines Wahl-O-Mat einen „Fasch-O-Mat“ heraus, Untertitel „So erkennen Sie einen Nazi“. Das ist kein Witz. Zwei Wochen später schob das Blatt unter der reißerischen Schlagzeile „Exklusiv: Die Reichsbürgerakte - Wie sich Rechtsradikale mit einer Armee an die Macht putschen wollten – und welche Rolle eine AfD-Politikerin dabei spielte“ eine Räuberpistole als pseudoskandalisierte Titelgeschichte hinterher; die „Chrupalla-Tagebücher“ kann man offenbar noch nicht veröffentlichen, da dieser noch lebt.


Lupenreine NS-Ideologie


Ein Unterkapitel dieser Posse ist die Berichterstattung darüber: Selten war die Gleichschaltung der Mainstreammedien untereinander und mit der Politik besser beobachtbar, der Tenor der Berichterstattung und der selektierten Fakten und Phrasen identisch. Obwohl NDR-Nordmagazin-Moderatorin Martina Scheller etwa von Demos „gegen Rechtsextremismus“ spricht, blendet die Redaktion als Thema „Demos gegen rechts“ ein. Zu dieser Gleichschaltung gehört zum ersten, dass die grüne Rundfunkrätin Jessica Kordouni, Kieler Stadtratsfraktionschefin, zugab, direkt Einfluss auf die Tagesschau zu nehmen: Sie beschwerte sich beim NDR, dass zu viel über die Bauern und zu wenig über „Demos gegen rechts“ berichtet wird. Keine 48 Stunden später twitterte sie hocherfreut: „Die Tagesthemen haben gestern mit einem langen Beitrag zu den antifaschistischen Protesten, dem AfD-Verbot und der Petition gegen Höcke eröffnet. Gestern hatten wir ein sehr konstruktives Gespräch im Ausschuss mit dem Chef der Tagesschau. Die Fehleinschätzung über die Bedeutung der Demos wurde bereits Montag aufgearbeitet.“


Zum zweiten gehört dazu, dass inzwischen fast 100 Fälle recherchiert wurden, in denen Politiker als „Zufallspassanten“ Interviews geben durften, ohne dass ihre Parteikarriere thematisiert wurde, darunter der Grünenfraktionschef Mönchengladbachs, Karl Sasserath, im WDR; die Sonneberger Linken-Stadträtin Margret Sturm im MDR oder der Freiburger SPD-Kommunalpolitiker Dejan Mihajloviv im SWR. Im ARD-Morgenmagazin wurde gar eine Andrea Kubank als Versammlungsleiterin in Bautzen benannt, ohne zu erklären, dass sie auch Linken-Stadträtin ist. Und zum dritten musste der HR auf X zugeben, mit der Farbigen Hadija Haruna-Oelker eine eigene Mitarbeiterin interviewt zu haben: „Wir hätten im Beitrag kenntlich machen müssen, dass sie auch als freie Mitarbeiterin für den HR tätig ist.“ Die sozialpolitische AfD-Fraktionssprecherin Baden-Württembergs, Carola Wolle MdL, stellte inzwischen Strafanzeige gegen die Programmdirektorin des Deutschlandradios, zwei Moderatoren des ARD-Morgenmagazins und gegen die Bundesvorsitzende des Grünen, Ricarda Lang. „Der Wannsee-Vergleich von Correctiv und Komplizen ist die fürchterliche Verharmlosung eines unvergleichlichen Verbrechens. Er verrät nicht nur eine unbeschreibliche historische Dummheit. Nein, das stellt auch eine unglaubliche Verhöhnung von Millionen Holocaust-Opfern dar. Wer dieses Geschäft betreibt, gehört vor Gericht.“


Daneben war die Wortwahl martialisch. Nachdem Monitor-Redaktionsleiser Georg Restle in dem Treffen „lupenreine NS-Ideologie“ sah, „die direkt nach Auschwitz führt“, setzt der Mainzer Queer-Rapper Maurice Conrad noch eins drauf: In einem AfD-Aufruf, der nach „Abschiebehelfern“ suchte, sah er die Wiederkehr der Waffen-SS: also der Schutzstaffel, die in Vernichtungslagern Menschen massakrierte und industriellen Massenmord beging. Aber wenn alles „Faschismus“ ist, ist nichts mehr „Faschismus“. Björn Harms zählt auf Nius fast genüsslich auf, was damit alles übertüncht werden soll: „Der verfassungswidrige Haushalt? Schnee von gestern. Das bewusste Framing der Bauernproteste als ‚radikal‘ und ‚demokratiefeindlich‘? Längst vergessen. Der Wunsch in der Bevölkerung nach Neuwahlen? Steht jetzt nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Die Einbürgerungsreform, die den deutschen Pass zur Ramschware degradiert? Hat kaum jemand wirklich mitbekommen. Die ungebremste Masseneinwanderung? Ist eben nicht mehr so wichtig. Die Milliardenkosten der ‚grünen Transformation‘? Versteckt in kurzen Meldungen. Die schleichende Deindustrialisierung Deutschlands? Schwarzmalerei.“ Bernd Steinbrink resigniert auf TE: „Das Traurige ist, dass wie in dunklen Zeiten Deutschlands Hunderttausende auf eine nicht einmal geschickt initiierte Kampagne hereinfallen.“


Lediglich die JF konfrontierte Correctiv mit offenen Fragen, fehlenden Beweisen und unvollständigen Zitaten, etwa warum fast alle Zitate nur in Halbsätzen angeführt wurden und nicht in ganzen Sätzen oder welche „rassistischen Kriterien“, wie im Text behauptet, konkret aufgestellt wurden, die angeblich zur Abschiebung führen sollen? Doch Correctiv schweigt. „Wer alles zusammenzählt, was derzeit geschieht und noch geschehen soll, der kann die Ähnlichkeiten – und hier sind es echte Ähnlichkeiten – mit dem Plan einer renovierten DDR nicht übersehen“, moniert Wendt. „Da beginnt der Tagesthemen-Kommentator mit einem Lob für den Chef des Inlandsgeheimdienstes und endet mit einem Tadel für die Union, weil sie es in dieser Ausnahmelage immer noch wagt, die Regierung zu kritisieren. Da spricht ein WDR-Reporter die engagierte Kundgebungsrede gegen rechts gleich selbst ins Mikro….“ Klonowsky schreibt von einem „Lehrstück der Lügenätheranrührung…, dessen einziger Zweck darin besteht, die Grünroten an der Macht zu halten, indem der politische Konkurrent gerufmordet wird.“


Weimarer Verhältnisse


Und dieser Höhepunkt war natürlich die Fernsehansprache von Bundeskanzler Scholz (SPD): „Bei einer Geheimkonferenz haben diese Extremisten darüber beraten, wie sie Millionen Menschen aus dem Land vertreiben können“, verkündete er wider besseren Wissens. „Es ist das pure Aufbauschen eines privaten Zusammenkommens einer Gruppe von Leuten mit verschiedenen Hintergründen, die sich eine Reihe von Vorträgen angehört haben. Der ‚Remigrationsvortrag‘ von Martin Sellner war nur ein Veranstaltungspunkt, und seine Verlautbarungen auch kein Geheimplan“, ärgert sich Marco Gallina in TE. Scholz wörtlich: „Und ich versuche mir vorzustellen, wie es wohl den mehr als 20 Millionen Bürgern geht, die eine Migrationsgeschichte haben. Sie wissen: Diese Rechtsextremisten meinen uns. Wir wären von diesem teuflischen Pakt direkt betroffen. Manche von ihnen fragen sich, ob sie hier in Deutschland noch eine Zukunft haben. Das ist fürchterlich.“ Das Heraufbeschwören einer Rückkehr der Nazi-Zeit hat kein deutscher Regierungschef bisher in dieser Art und Weise beschworen. „Fürchterlich ist wohl eher die Bankrotterklärung eines Bundeskanzlers, der seine eigene, gescheiterte Politik mit dem Hinweis auf die AfD zu erklären sucht. Eine so billige Ausrede eines deutschen Regierungschefs für das eigene Versagen hat die deutsche Geschichte seit Otto dem Großen nicht gesehen. Von der intellektuellen Beleidigung wollen wir gar nicht erst anfangen“, befindet Gallina. Er identifiziert diese „fünfminütige Selbstdemontage“ als Sündenbockpolitik, „keine bloße Ablenkung, kein bloßer Hohn. Das ist schlichte Arbeitsverweigerung… Dieser Kanzler kann es nicht nur nicht, er will es auch nicht können.“


Nur erwähnt sollen noch die nicht bloß begleitenden Aktivitäten des Verfassungsschutzes sein. Am 08.12.2023 hat der sächsische Verfassungsschutz den Landesverband der AfD nach Thüringen und Sachsen-Anhalt auch als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft und weigert sich, die Einstufungsmaterialien herauszugeben, weshalb der Landesverband klagt. Auch der Landesverband Baden-Württemberg hat Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim eingelegt. Dabei geht es um einen Eilantrag, der vom Stuttgarter Verwaltungsgericht abgelehnt worden war. Die Partei will sich damit gegen die Beobachtung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall wehren. Die angeführten Beweise bezögen sich mehr auf bereits ausgeschiedene Mitglieder, zudem würden nicht alle Landesverbände der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet: „Für Aussagen von manchen kruden Mitgliedern in Deutschland ist nicht Baden-Württemberg verantwortlich“, sagte Co-Landeschef Emil Sänze MdL. Der andere Co-Chef Markus Frohnmaier MdB beklagte, das Landesamt für Verfassungsschutz werde zweckentfremdet und geriere sich als Demokratie-TÜV. Inzwischen wird selbst der Ex-Chef der Behörde, Hans-Georg Maaßen (Werteunion) als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet: „Eine derart vollständige Übersicht politischer Aktivitäten und Äußerungen habe ich nicht einmal in den Stasi-Akten von prominenten  DDR-Dissidenten gesehen,“ empört sich der frühere Leiter der Gedenkstätte Stasi-Knast Hohenschönhausen Hubertus Knabe bei Nius.


Ende Januar dann machte TE öffentlich, was Insider längst vermuteten; nämlich dass die Behörde tiefer in die „Recherche“ verwickelt war als angenommen. Kurz darauf twitterte Roland Tichy: „Aufregung in Berlin: Offizielle Bestätigung, dass Verfassungsschutz das private ‚Wannsee-Treffen‘ abgehört und offensichtlich an Correctiv weitergegeben hat. TE soll gezwungen werden, diese Meldung zu löschen. Wir werden für die Pressefreiheit kämpfen. Wir werden Sie über diese Machenschaften informieren.„ Auf Anfrage der NZZ, ob die Behörde etwaige Erkenntnisse darüber – etwa durch nachrichtendienstliche Aufzeichnungen – an Correctiv weitergegeben habe, teilte eine Sprecherin mit: „Nein, eine derartige Weitergabe ist nicht erfolgt.“ Die Frage, ob der Dienst vorab von dem Treffen und den Teilnehmern gewusst habe, blieb aber unbeantwortet. Zu „derartigen Sachverhalten„ sage man grundsätzlich nichts, hieß es. 


Correctiv-Vize Anette Dowideit fällt auf X nicht weiter dazu ein als diese Sätze: „Der Ex-Journalist Tichy verbreitet über soziale Medien Unsinn über unsere Recherchen. Er ist so weit entfernt von der Wahrheit, dass es keinen Sinn macht, sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen.“ Damit beweist sie alles, was ihre Kritiker der Cancel Culture vorwerfen. Doch es kam noch besser: Beim ARD-Presseclub sagte Dowideit Ende Januar: „Wir haben auch nicht von ‚Deportationen‘ gesprochen oder so.“ Das Wort sei dann von denen aufgebracht worden, die das „interpretiert“ haben. Aber Correctiv sprach in seinem Text ausdrücklich selbst von Deportationen, und es gibt bis heute keinen Beleg dafür, dass der Begriff bei dem sogenannten „Geheimtreffen“ überhaupt verwendet wurde. Nach der öffentlichen Kritik löschte Correctiv das Wort inzwischen heimlich von der Homepage; Dowideit zog sich von X zurück.


Und zuletzt müssen auch die beiden Parteineugründungen genannt werden, mit denen der AfD Stimmen abgejagt werden sollen: von links das BSW von Sara Wagenkecht (Ex-Linke), von rechts die Wertunion von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (Noch-CDU). Ersten Umfragen zufolge nimmt das BSW in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen nicht den konservativen, sondern den linken Parteien Stimmen weg; eine Koalition mit der AfD schließt Wagenknecht noch aus; in Sachsen wäre sie aus dem Stand drittstärkste Kraft. Gefragt nach einer möglichen Koalition mit der AfD in Thüringen sagte jedoch Maaßen, die Werteunion würde mit allen sprechen, von links bis rechts. Bei dem Treffen Potsdam waren zwei Mitglieder der Werteunion anwesend. Prompt warnt der SPD-nahe Chef des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, durch Parteien wie die Werteunion oder BSW „droht eine Zersplitterung des Parteiensystems und die Gefahr von erneuten Weimarer Verhältnissen in Deutschland“.


Banalisierung des Nationalsozialismus


Doch alle Instrumente vereinigten sich nicht zu dem Orchester, das mit einer selbstkomponierten Hymne auf die Demokratie die AfD kleinspielen kann: in Umfragen hält die Partei ihre Werte stabil – 22 % waren es Ende Januar bei der INSA-Sonntagsfrage, in Mecklenburg-Vorpommern gar 32 %. Boris Palmer, der Ex-Grüne Tübinger Oberbürgermeister, meint auf Facebook dafür drei Ursachen zu benennen: Erstens seien „Rasissmus“, „Faschismus“, „Nazi“ und „Menschenfeindlichkeit“ als Kampfbegriffe so inflationär benutzt worden, dass sie gar nicht mehr wirken, ja eine „Abstumpfung“ erzeugten, die eine sinnvolle inhaltliche Diskussion unmöglich gemacht habe. Zweitens hätten die Medien durch eine einseitige Parteinahme ihre Glaubwürdigkeit weitgehend verloren, was vor allem fehlender Objektivität geschuldet sei: „Mit mehr Information und weniger ‚Haltung‘ wäre das besser gelaufen“. Wendt erkannte zugespitzt eine „völlige Banalisierung des Nationalsozialismus, die ihrerseits nur deshalb kaum noch auf Widerspruch stößt, weil eine Mehrheit von Politikern, Medienmitarbeitern und sonstigen Influencern noch nicht einmal mehr über rudimentäre Geschichtskenntnisse verfügt.“


Und drittens erzeuge man nur Reaktanz, so lange man den inhaltlichen Forderungen der AfD-Sympathisanten nicht entgegenkommen und auch alle Begriffe tilgen wolle, die sie benutzen. „Wer nicht bereit ist, Missstände zu beseitigen, weil sie von den Falschen angesprochen werden, oder sich ideologisch so einmauert, dass jeder Kompromiss mit den inhaltlichen Anliegen dieser Wählerschaft, eine Menschenrechtsverletzung und Verrat an der Demokratie bedeutet, kann gar nichts anderes erzeugen als Trotz ‚Dann erst Recht!‘“ Denn „statt die Bürger ernst zu nehmen und sich zu überlegen, was in den letzten Jahren in diesem Land eigentlich schief gelaufen ist, setzt man auf die hässlichste Mittel, die es in einer Gesellschaft gibt: kriminalisieren, beschimpfen, verächtlich machen“, bilanziert Grau. „Doch wer die Bürger nicht ernst nimmt oder gar beschimpft, muss sich nicht wundern, wenn er selbst nicht ernst genommen und beschimpft wird. Auch insofern ist der amoklaufende Aktionismus und das überschäumende Geschrei, das zurzeit die öffentliche Debatte über die AfD bestimmt, entlarvend.“


Nach der „Stürmung des Reichstags“ (29. August 2020) und der Verhinderung des „Rollator-Putsches“ (7. Dezember 2022) ist mit der „Potsdamer Wannseekonferenz“ (25. November 2023) zum dritten Mal ein Popanz skandalisiert worden, der in seiner unnötigen Aufwallung eine dünne Faktenlage zu einer angeblichen Verschwörung gegen die Demokratie aufbauscht – „lustgruselnd“ sagt Stegemann dazu. „Das ‚Geheimtreffen‘ in einem Potsdamer Hotel erfüllt den nahezu lächerlichen Tatbestand von rechter Belanglosigkeit und Langeweile, über die sich gänzlich machtlose Menschen in kleinem Kreis austauschten“, resümiert Nicolay. Selbst der dümmste Zuschauer des Spektakels muss sich doch fragen, warum niemand dieses ach so schlimmen Geheimtreffen wegen irgendeines Delikts angezeigt wurde! Patzelt erkennt auf Epochtimes gar einen „politischen Rassismus“. Aber schon Lorenz Narku Laing zeigte, dass rassistische Politiken zum Kerngeschäft der Verfechter der „Homogenität“ gehören. Die Skandalisierung, die politisch-mediale Verwertung der „Recherche“ zielt auf die Errichtung einer autoritären Postdemokratie, resümiert Wendt.


Angst vor der Demokratie


Es sind also nicht jene, denen Bemühungen um ein „ethnisch homogenes Volk“ unterstellt werden, sondern im Gegenteil jene, die aus Machtgründen mit Vokabeln wie Vielfalt oder Diversität eine Multikulti-Zwangshomogenisierung durchsetzen wollen. „Die Dämonisierung der AfD führt politisch in die Sackgasse“, erkennt der Bremer Politikwissenschaftler Stefan Luft im Cicero: „Das Beschwören von Parallelen zur Zeit des Nationalsozialismus im Zusammenhang mit einem Treffen Rechter und Konservativer in Berlin stellt eine Verharmlosung und Relativierung der Menschheitsverbrechen dar, die damals geplant und realisiert wurden. Gegen die apokalyptische Vision vom Untergang von Humanität und Demokratie hilft dann nur noch ein autoritäres Durchgreifen des Staates mittels Parteiverboten. Sollten auch diese scheitern, läge die Selbstermächtigung zur Gewalt nahe, wie sie bislang nur an den extremistischen Rändern propagiert wird.“


Nun behält sich die Demokratie sowieso ein Misstrauen gegen das Volk vor, dessen Herrschaft sie doch bedeutet. Aufhebbar ist dieser Widerspruch nicht, wie der Rechtsphilosoph Ernst-Wolfgang Böckenförde in seinem berühmten Diktum von 1964 deutlich machte, das man nicht oft genug zitieren und bedenken kann: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“


„Auf der einen Seite führt die Kolonne der Wohlgesinnten in die bessere Transformationszukunft, mit der Begründung, das sei der einzige Weg, der NS-Vergangenheit zu entkommen, die immer ganz dicht auf den Fersen folgt. Auf der anderen Seite laufen alle, die dort nicht mitwollen, folglich dem Faschismus in die Arme“, argumentiert Wendt. „Wo es keine Rechte geben darf, die der Linken die Waage hält, kann es auch keine Mitte geben“, bilanziert Hinz. „Das politische System wird zur schiefen Ebene, auf der die Verhältnisse ins Chaos abgleiten. Dieser Kampf wurzelt in einer Dogmatik, die die Historisierung des Nationalsozialismus untersagt, ihn zu einem absolut Bösen erklärt und – historisch falsch – exklusiv ‚rechts‘ verortet. Dieser Kurzschluss stellt heute das handlungsleitende Glaubensbekenntnis der Bundesrepublik dar.“


„Unaufrichtig ist es, die Probleme unserer Gesellschaft auf Schlagetotwörter wie ‚rechts‘ oder gar ‚rechtsextrem‘ zu reduzieren, dagegen vom kulturellen Problem, das eine ungehemmte Migration mit sich bringt, von grüner und linker Ideologie zu schweigen; die manches Kennzeichen von Hysterie aufweisende Erzählung der sogenannten Klimakatastrophe als Dogma zu behandeln, das jeglichem Einwand enthoben ist“, schimpft Uwe Tellkamp bei TE. „Wer einen Kritiker der Migrations- und Coronapolitik, der Energiewende, der achtlosen, nicht selten sogar bewussten Beseitigung unserer überlieferten Kultur als ‚rechtsextrem‘, gar ‚Nazi‘ bezeichnet, hat nicht nur jeden Maßstab, sondern den Verstand verloren.“ Einen „rotgrünen Putschversuch gegen die Demokratie“ erkennt Christian Witt auf Facebook. „Unsere Demokratie ist in Gefahr heißt im Klartext: ‚Wir haben Angst abgewählt zu werden und unsere tollen Regierungsjobs zu verlieren‘“ urteilt Norbert Bolz auf X.


„Sie haben keine Angst UM die Demokratie, sie haben Angst VOR der Demokratie!“, bringt Beatrix von Storch MdB die Causa auf den Punkt. Wahlen sind aber „kein Akklamationsritual für das etablierte Parteienkartell“, so Hinz. Man fragt sich entsetzt, warum der politmediale Komplex schon im Januar so hysterisch reagiert, obwohl im Herbst erst Wahlen sind? Schickt sich der Westen zum Endsieg über den renitenten Ossi an? Liefert das NPD-Urteil zur Parteienfinanzierung die Blaupause, um einen missliebigen Konkurrenten zu beseitigen, wie das Markus Söder (CSU) bereits vorschwebt? Sind die Diskussionen, die Bundeswehr für Personen aus dem Ausland zu öffnen, Vorboten einer geplanten Söldnertruppe, die im Inland gegen die eigenen Bürger eingesetzt werden soll? Es sind keine guten Zeiten. Fehlt nur noch ein neuer Reichstagsbrand. Sarkasmus aus.


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Über den Autor: Thomas Hartung, geb. 1962 in Erfurt; promovierte nach seinem Lehramtsstudium in Magdeburg 1992 zur deutschen Gegenwartsliteratur und war danach als Radio- und Fernseh-Journalist in Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie als freiberuflicher Dozent für Medienproduktion und Medienwissenschaft an vielen Hochschulen Deutschlands tätig; der bekennende „Erzliberalkonservative“ trat als Student in die LDPD ein und 1990 aus der FDP aus: von „misslungener Einheit“ nicht nur mit Blick auf die Parteienfusion spricht er bis heute; Hartung war im April 2013 Mitbegründer der AfD Sachsen und wurde zweimal zum Landesvize gewählt. Seit März 2020 ist er Pressesprecher der AfD-Fraktion Baden-Württemberg.



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