ZUR BUCHREIHE EDITION TUMULT 

VORBEMERKUNG DES HERAUSGEBERS

 

Die EDITION TUMULT im Gerhard Hess Verlag setzt fort, was mit der Werkreihe von TUMULT bei Manuscriptum begann. Sie präsentiert bestechende, empirisch fundierte Lageanalysen aus dem Autoren- und Themenkreis der Vierteljahresschrift gleichen Namens. Mit der EDITION TUMULT wollen Herausgeber und Verlag Beihilfe zu einer unabhängigen politischen Orientierung leisten. Diese fällt weitaus schwerer als in Zeiten offener Diktatur und Zensur, denn die Gleichschaltung von heute und die spontane Entrüstung über sie berufen sich gemeinsam auf die Parole der »Selbstbestimmung« des Einzelnen und andere unangreifbare Imperative der Massendemokratie. Diese täuschen über die treibenden Kräfte hinweg.

 

Erkennen und Benennen der Wirklichkeit sind heute Räume subtiler und brachialer Konsensbildung. Unter Berufung auf leergedroschene, alles und nichts einfordernde Werteformeln (Respekt, Freiheit, Vielfalt, Gleichstellung, Weltoffenheit) versuchen regierende und moderierende Vormünder, die Weltsicht und Willensbildung des Volkes unter Kuratel zu stellen und politische Alternativen zu verunglimpfen. Diese Gesinnungspflege scheitert unausgesetzt; doch ebenso unausgesetzt erneuert sie sich in Sprach-, Sprech- und Denkroutinen, über zwanghafte Performance und Marketing, in Umerziehungsprojekten und Therapieangeboten.

 

Der Kurzschluss zwischen Hypermoral, Plattformökonomie und staatlicher Sozialkreditpflege verhindert eine Demokratie, die diesen Namen verdient: die politische Willensbildung derer, die schicksalhaft zusammengehören. Die Europäische Union versucht, sich gegen imperialistische Mächte als Rückzugsraum des Wertewestens zu behaupten. In Deutschland festigt die Allianz selbsternannter »demokratischer Parteien« ein System der Patronage- und Cliquenwirtschaft im Rahmen einer expandierenden Staatswirtschaft, abgesichert durch wuchernde Kontrollbürokratie und ein reflexhaft praktiziertes Sprachregime. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Legislative, Exekutive und Rechtsprechung und zwischen Wissenschaft, Journalismus, Ethik, Bildung, Ästhetik und Religion.

 

Was bei solche Realitätsbetreuung zu kurz kommt oder völlig ausgeblendet wird, ist Gegenstand der EDITION TUMULT: Zusammenhänge zwischen Universalismus, nomadisierendem Kapital und Massenmigration, Großraumordnung und Kulturgeschichte, Energieversorgung und Zeitgeist, Geschichtsvergessenheit und Selbstzerstörung, zwischen Ortsbindung und Einfühlungskraft und zwischen sozialer Atomisierung und Transzendenzverlust. In der EDITION TUMULT kommen interdisziplinär ermittelnde Selbstdenker zu Wort. Zu ihrer Glaubwürdigkeit trägt es bei, dass sie mehr Faktoren in Betracht ziehen, als dies unter akademischem und journalistischem Produktionszwang geschieht, und ihre Einsichten dennoch zu entschiedenen Thesen verdichten. Die Autoren der EDITION TUMULT arbeiten an der Wiederentdeckung des Wirklichen.
 

 Frank Böckelmann

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