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Johannes Scharf: DER REBELL AM SAMBESI

Am 11. November jährt sich der Tag der unilateralen Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens zum 55. Mal. Es war die erste solche Verlautbarung gegenüber dem britischen Mutterland seit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1776. Und der Mann, der für sie verantwortlich zeichnete, Ian Douglas Smith, hatte im Zweiten Weltkrieg noch als britischer Fliegeroffizier für das Vereinigte Königreich gekämpft.

1919 als Sohn eines schottischen Vaters und einer englischen Mutter in Selukwe (heute Shurugwi), Südrhodesien, geboren, studierte er zunächst an der südafrikanischen Rhodes-Universität, bevor er sich zur Royal Air Force meldete. Er wurde einmal über Afrika und einmal über Italien abgeschossen, kämpfte aber ungeachtet seiner Verwundungen unter italienischen Partisanen weiter. Die Gesichtsverwundung, die Smith sich bei seinem Absturz in Ägypten zugezogen hatte, wurde von britischen Ärzten zwar mittels plastischer Chirurgie behandelt, doch resultierte daraus eine eigentümliche Starre der Gesichtszüge, sodass der Spiegel im Jahr 1965 in Anspielung darauf bemerkte, „Starrheit und Mut“ seien „die hervorstechendsten Eigenschaften des Politikers Smith, der im Privatberuf Tabakpflanzer und Viehzüchter“ sei.[1] Damit war der am 20. November 2007 in Kapstadt, Südafrika, verstorbene Smith nicht nur ein großer Staatsmann, sondern auch Soldat und Farmer – ganz wie George Washington oder der legendäre Römer Lucius Quinctius Cincinnatus.

Seit 1964 stand Ian Smith an der Spitze der Regierung – „als Exponent des rechten Flügels der ‚Rhodesischen Front‘, die“, so der Spiegel weiter, nur ein Ziel kenne: „das an Bodenschätzen und Naturprodukten reiche, wirtschaftlich florierende Rhodesien den Weißen zu erhalten“.[2] Dafür habe er mit England gebrochen und „den Bannstrahl fast der ganzen Welt auf sich“ gezogen …

Der „Bannstrahl fast der ganzen Welt“ richtete sich vornehmlich deshalb auf Rhodesien, weil 1930 mit dem „Land Apportionment Act“ das Staatsgebiet zu etwa gleich großen Anteilen unter der weißen und schwarzen Bevölkerung aufgeteilt worden war, die Weißen Mitte der 1960er Jahre aber nur 220.000 Einwohner stellten, während die schwarze Bevölkerung etwa vier Millionen Köpfe zählte. Wahlberechtigt war zudem nur, wer Schulbildung oder Eigentum nachweisen konnte, was in der Praxis bedeutete, dass etwa 90.000 weiße Wahlbürger ungefähr 12.000 schwarzen Wählern gegenüberstanden.[3] Dennoch muss hervorgehoben werden, dass zur Zeit der unilateralen Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens jedes zweite schwarze Kind eine Schule besuchte – mehr als in jedem anderen afrikanischen Land!

Die Position Ian Smiths war stets die, dass man die Länder nördlich von Rhodesien zu früh preisegegeben habe und mit dieser Preisgabe auch die Zivilisation aus diesen Breiten verschwunden sei. Sein erklärtes Ziel war es, eine negative Entwicklung wie in Kenia, Sambia oder Malawi unter allen Umständen zu verhindern und die schwarze Bevölkerung sukzessive auf die teilweise Übernahme von Regierungsverantwortung vorzubereiten. Nur wer in Rhodesien lebe, sagte Smith 1965 in einem Interview mit Dieter Wild vom Magazin Der Spiegel in Salisbury, könne die für Rhodesien richtigen Entscheidungen treffen.[4]

Im selben Interview darauf angesprochen, was er tuen werde, falls die Blauhelme der UNO eingreifen sollten, um das widerspenstige Rhodesien gefügig zu machen, gab der ehemalige Kampfpilot die lakonische Antwort: „Lassen sie sie erst mal kommen, dann werden wir sehen“. „Und wenn eines Morgens britische Fallschirmjäger in Salisbury gelandet sind, was tun Sie dann?“, bohrte der Spiegel-Reporter weiter. Smiths Entgegnung: „Ich möchte keiner dieser Fallschirmjäger sein, das kann ich Ihnen versichern“.

Der unabhängige Staat Rhodesien, seit 1970 eine Republik, bestand noch bis 1979 unter der Leitung des beliebten Premierministers fort, obwohl er nahezu von der gesamten Welt boykottiert wurde und zudem einen anhaltenden Krieg gegen kommunistische Rebellengruppen zu führen gezwungen war. Südafrika und – bis 1974 – Portugal waren die einzigen Verbündeten des Landes zwischen den Flüssen Sambesi und Limpopo. Das Terror-Regime des schwarzen Diktators Robert Mugabe, dessen Herrschaft von Hungersnöten und der Vertreibung der weißen Farmer gekennzeichnet war, lässt viele weiße Exil-Rhodesier bis heute mit Wehmut an die Ära Smith zurückdenken.

[1] Ian Douglas Smith, in: Der Spiegel, Nr. 49, 1965, S. 129. [2] Ebd. [3] Vgl. Rhodesien. Seele Gefunden, in: Der Spiegel, Nr. 49, 1965, S. 124–126, hier S. 124. [4] „Wir schießen notfalls auf den Union Jack“. Spiegel-Gespräch mit dem rhodesischen Premierminister Ian D. Smith, in: Der Spiegel, Nr. 49, 1965, S. 129–132, hier S. 129.



 

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