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Norbert Zankl: EIN LAMENTO ÜBER DEN VERFALL DER KLUGEN KÖPFE — Kündigung des FAZ-Abonnements

Aktualisiert: 15. Jan. 2022

Nachfolgend dokumentiert TUMULT das Kündigungsschreiben des langjährigen FAZ-Abonnenten Dr. Norbert Zankl, das dieser im vergangenen November an die Frankfurter Redaktion richtete, worauf ihn als Antwort die lapidare, nicht aber ganz unzutreffende Reaktion eines Redakteurs erreichte: "Wenn Sie es so sehen, werde ich es auch mit einer längeren Antwort nicht mehr ändern können."



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Sehr geehrte Herren Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

Hiermit kündige ich mein Abonnement der FAZ zum nächstmöglichen Zeitpunkt.


Ich habe Ihnen mehr als 30 Jahre „die Treue gehalten“ (nur nebenbei: „Bleiben Sie uns gewogen“ ist eine der häufigsten Floskeln, mit denen elektronische Nachrichten enden: Seltsam, ich frage mich, ob da allerorten eine Angst besteht, man könne sich dreisterweise dem anderen entziehen).

Gestatten Sie mir, auch wenn Sie dies nur überfliegen werden, bzw. meine Zeilen Ihnen nur als die üblichen eines alten, weißen, wütenden Mannes erscheinen, eine etwas extensivere Begründung, wenngleich ich ein Unbekannter bin im Gegensatz zu anderen, die, in der Öffentlichkeit stehend, Ihnen vor etwa einem Jahr auch Ähnliches mitteilten. Aber die Enttäuschung bleibt und soll auch meine Zeilen prägen.


Ich möchte aber anfangen mit dem „Harmlosen“, dem Sportteil. Ich erwarte von einem solchen das, was er stets gewesen ist: Informationen, Zahlen, Fakten, Tabellen. All dies geht der FAZ immer mehr verloren. Statt dessen seitenlange Interviews mit wichtigen und weniger bedeutenden „Persönlichkeiten“ (über deren sprachliche Belanglosigkeiten und Fehler will ich hinweggehen). Man kann nun streiten, welche Relevanz Meister– und Nationenligen besitzen (ich ignoriere sie zunehmend als ehemaliger Fußballanhänger (OFC) selbst weitgehend), aber von einer bedeutenden überregionalen Tageszeitung verlange ich Daten hierüber und vermisse die Tabellen von WM–Qualifikationen (es gibt noch andere Mannschaften als das „Team Deutschland“); dies gälte auch für Sportarten wie Handball oder Basketball, bei denen es ja auch Bundesligen gibt: Fehlanzeige. Selbst die dritte Fußball–Bundesliga wird mit keinem Wort mehr erwähnt; ebenso nicht – eine beispielslose Ignoranz, ja ein Skandal – der Regionalsport. Und kommen Sie mir nicht mit der Möglichkeit, daß ich mit irgendwelchen „Apps“ dies nachlesen könnte: Ich nehme mir als bekennender technophober Reaktionär heraus, kein solches dieser Geräte zu besitzen, und ich zahle weiß Gott genug für die schriftliche Ausgabe, um zu erwarten, in dieser diese Daten zu finden. Summa: Die beiden Seiten sind weniger informativ als der Kicker.


Könnte ich dies noch als Nebensächlichkeiten betrachten, wiegt schon schwerer, daß, da der Sport nicht im unpolitischen Raum existiert, auch hier Ihre Zeitung dem allgemeinen Zeitgeist folgt. Daß (Juli 2020) die angebliche rassistische Hetze gegen den Fußballspieler Özil beklagt wird, der den Vernichter Konstantinopels, Mehmet II., verehrt; daß zu den absurden Kniefällen diverser Spieler, insbesondere bei der Fußball–EM, die angeblich „Rückgrat“ zeigten (für welchen undefinierten „Rassismus“?) kaum kritische Kommentare veröffentlicht wurden, daß solche Akte, zusammen mit dem Hissen der Regenbogenfahne, eine Akkla­mation des allgemeinen Geschreis einer pseudoreligiösen Bewegung nach Diversität und der Ideologie der Auflösung des Leiblichen widerspiegeln. In keiner Weise wird reflektiert darüber, daß hier die Auflösung der Binarität des Geschlechtlichen und der Zerstörung menschlicher Erotik abgebetet und gefeiert wird; bis hin zum unsäglichen Artikel des Herrn Indset, der Joshua Kimmich pauschal „Verlust des Denkens“ unterstellt, der doch nur Fragen stellt und oft etwas unbeholfen seine privaten Zweifel an der gegenwärtigen Kampagne gegen die „Volksschädlinge“ der Nicht–Geimpften artikuliert, sich somit einreihend in die allgemeine Hatz an die derzeit „Schuldigen“ an der „Pandemie“; ein Artikel, der, wild taumelnd von einer Begriffslosigkeit zur nächsten, dem gesamten deutschen Volk „infiziertes Denken“ diagnostiziert, das natürlich vom Erzschurken D. Trump über den Ozean geblasen wurde (Details der Analyse finden Sie im Artikel Haltung für Deutschland von Alexander Wendt vom 07.11.21 in dem für Sie sicher „rechten“ Hetzblog Achse des Guten). Haltung und Gesinnung statt Wissen, Analyse und Tatsachen scheinen sich auch bei Ihnen (für andere „Magazine“ sind diese „Dogmen“ ja schon seit langem das Credo ihres Journalismus) immer mehr durchzusetzen.


Gewichtiger ist ein „Ruck“ Ihrer Zeitung in Richtung der Hauptstrommedien. Lange muß man suchen, bis man kritische Gedanken zur Kanzlerin der letzten sechzehn Jahre findet; noch länger – es wäre wohl eine Lästerung –, bis 2015 oder seine Wiederholung an den Ostgrenzen der NATO „aufgearbeitet“ werden; ein Satz, wie ihn die NZZ (27.10.) schreibt: „Europa braucht ein Bollwerk an seinen Aussengrenzen“, ist in Ihrem Blatt undenkbar. Fern scheint der Gedanke zu liegen, daß die Ostflanke Europas durch illegale Migration und die Machinationen des bjelorussischen Herrschers in höchstem Maße bedroht ist und daß deshalb das Fehlen schützender Mauern ein Land den Untaten ihm feindlich Gesinnter ausliefert. Kaum denkbar, daß ich bei Ihnen läse, daß es zu einfach ist, nur über „Menschlichkeit“ zu reden und dabei Polen mehr als das Zugeständnis zu machen, sein eigenes Territorium zu schützen. „Europa ist keine Festung, aber Europa muss sich den Anschein geben, als sei es eine[1]“, solche Sätze sind in der FAZ undenkbar. „Bestenfalls“ kommt die FAZ aber nur zur Schuld Lukaschenkos und wirft der polnischen Regierung vor, sie denke nur in „militärischen Kategorien“ (12.11.); ähnlich der Kommentar vom 13.11.: „Der Mensch darf nicht zum Objekt gemacht werden“; tiefer geht die „Analyse“ nicht, ohne zu erkennen, daß nur Polen, das nicht verloren ist, die Außengrenzen der EU wirksam schützt. Ihre Position unterscheidet nicht zwischen Träumerei und Realpolitik.


Wie ein roter Faden, der immer zum gleichen Endpunkt hinführt, durchziehen in Kommentaren und „Analysen“ den politischen Teil die sich immer wiederholenden Feindbilder: Trump, Putin, China, Orbán. Ich kann mich nicht erinnern, die inkriminierte Gesetzgebung in Ungarn ausführlich zitiert gesehen zu haben (ich gebe Ihnen die Quelle: Tichys Einblick 23. bzw. 26.06.21), die vor allem darin bestand, Propaganda in der Schule für den Transsexualismus zu untersagen, sich gegen eine Frühsexualisierung von Kindern zu wenden sowie die Fundamente einer christlichen Ehe zu festigen; nicht etwa die Rechte von Schwulen und Lesben zu verbieten, wie es allseits suggeriert wird. Diese sind in der Regel Befürworter der Binarität der Geschlechter und dürfen in Ungarn auch standesamtlich sich verbinden, wiewohl die „Ehe für alle“ untersagt bleibt, da dieses heilige Sakrament einer christlichen Auffassung, von der Sie sich gewiß längst verabschiedet haben, widerspricht. Hier sei auch auf den Fall von Kathleen Stock (einer Lesbe!) verwiesen, deren endgültige Kapitulation vor dem sie bedrohenden Terror nur mit wenigen Zeilen abgehandelt wird (der Artikel von Vojin Saša Vukadinović vom März dieses Jahres ist dabei wohl in Vergessenheit geraten). Beinahe beiläufig möchte ich bemerken, daß die Politik des Ausstoßens, Zensierens, de–kulturellen Korrigierens, also das, was unter dem „Narrativ“ von „cancel culture“ die Herrschaft antritt, Ihnen kaum Randnotizen wert ist, geschweige denn einer Empörung, ob es sich nun um Joanne Rowling handelt, Auftrittsverbote von Monthy Python, Bücherverbrennungen in Kanada, die „Dekolonisation“ des Fachbereichs Musik in Oxford, die Entlassung weißer Musiker aus der English Touring Opera, die gerade einmal ein Dutzend Zeilen wert sind[2]. Mich empören nicht so sehr Aussagen, mit denen ich nicht übereinstimme (ich erinnere an das bekannte Zitat von Voltaire: ‚Ich bin zwar anderer Meinung als sie …’), sondern das Weglassen von Information.

In Deutschland ist der Hauptgegner natürlich die AfD, wobei die Grenzen zwischen Berichterstattung und Kommentar immer mehr verschwimmen. Undenkbar, daß heute wie im Oktober 2018 ein Artikel von Alexander Gauland erschiene, in dem er behauptet, daß neue Eliten entstanden seien, „deren Bindung an ihr jeweiliges Heimatland schwach sei“, im Grunde eine (unbewußte) Paraphrase von Marxens Diktum, daß das „Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel“[3] jage, also die Beschreibung der Anywheres, die nirgendwo zu Hause sind. Manchmal habe ich den Eindruck, Ihr Blatt beteiligt sich bald an einem Wettbewerb, daß der gewinne, wer als Erster „Nazi“ rufe; auch hier das „alte Spiel“: Haltung statt Auseinandersetzung.


Bliebe noch das Feuilleton, dem mir stets das Hauptaugenmerk galt. Gut, da gibt es noch einsame Rufer wie die Herren Strauß und Thiel, von denen ich hoffe, daß nicht ein „falscher Satz“ ihnen das Schicksal einer geistigen Guillotine vieler angelsächsischer Journalisten bereitet, wobei das Ausgrenzen unbequemer Denker längst auch schon die BRD erreicht hat (der Haß der linken Jakobiner kennt wie der Globalismus keine Grenzen; nur am Rande möchte ich die Herren Reichelt und Wagener erwähnen oder die Anfeindungen, denen die doch wirklich beinahe harmlosen und „korrekten“ Verfasser von allesdichtmachen ausgesetzt sind).


Aber zu dem berühmten Tropfen, der Fässer überlaufen läßt. Dies ist mir der Artikel Die Erneuerung der Gegenrevolution von Markus Linden vom 28.10. Sie mögen mir entgegnen, es seien „fremde Federn“, die hier ihre Suada verbreiten. Ich kann dies nicht akzeptieren, weil sie sich einpaßt in Ideologeme, die ihre Schlagkraft gegen alles richten, was der Hauptrichtung eines „postmodernen“ Geistes zuwiderläuft, kritische Fragen stellt im Sinne eines altehrwürdigen Skeptizismus, der zweifelt an dem, was er weiß, der sich gegen Bevormundung, lückenhafte Information und Teilung der Welt in das „Richtige“ und „Falsche“ wendet. Sie hätten den Text gewiß nicht an so exponierter Stelle publiziert, wenn er nicht weitgehend mit Ihrer „Linie“ konform ginge.


Schon der Beginn ist eine unredliche Äquivokation: Was soll eine „querfronttaugliche Abge­sangsliteratur“ sein? Meint „Abgesang“ dystopische Literatur, Klage über Untergegangenes als Warnung vor Katastrophen? Sollen da auch Orwell und Huxley dem Fallbeil zum Opfer fallen? Viele Studien und die Ausgaben der Sezession legen offen, was das IfS ist, und in ihnen wird man Tiefgehenderes finden als Positionen der „Coronaleugner“: Analysen zum Islam, den Grünen, dem 2. Weltkrieg, über die „Konservative Revolution“ nach dem Ersten; ich empfehle einen Besuch von Staatspolitik.de. Unredlich nenne ich den sofortigen Schwenk zum Renovatio–Institut, weil hier nur oberflächliche Begriffe in eins gesetzt wer­den, wie der polemische Ausdruck „Institut für Staatskirchenpolitik“ suggeriert. Ist – so der „Subtext“ – Renovatio auch ein Fall für die Beobachtung durch den VS? Ohne Belege oder Zitate werden alle Beiträge pauschal als „hybrid dargebotene Ausformung des christlichen Fundamentalismus“ abgewertet, der mit seiner „Erneuerung“ sowohl „Reform und Revo­lution“ entgegengesetzt sei.


Hier gehen sämtliche Begrifflichkeiten zuschanden: Zum einen ist „Erneuerung“ nicht konträr zu Reform; zum anderen ist es nicht „fundamentalistisch“, wenn christliche Werte der allgemeinen Paganisierung und Verweltlichung, die beide Kon­fessionen kennzeichnet, entgegengesetzt werden. Ebenso diffus bleibt der Begriff der „Gegen­revolution“, wenn er nicht geistesgeschichtlich und historisch hergeleitet wird aus Denkern, die sich einem der disaströsesten Ereignisse der Geschichte, der Französischen Revolution und der jakobinischen Terrorherrschaft, widersetzten, z.B. de Maistre, Bonald oder Sabatier, die den Schwindel von Gleichheit und Fortschritt von einem metaphysischen Standpunkt aus bekämpften. Statt dessen ungeklärte Leerformeln, daß nur ein „demokratischer Konser­vativismus“ einem gegenrevolutionärem gegenüberstehen müsse. Daß beide Linien durchaus einig sind in der Abwehr des herrschenden nihilistischen Zeitgeistes, zeigt Egon Flaig in seinem jüngsten Artikel Die sechs gestürzten Säulen des Konservatismus[4].


Überhaupt glänzen die Ausführungen mit adjektivischen Phrasen wie „reaktionäres Denken“, „der äußerst rechte Historiker David Engels“, „illustrierte Zeitschrift Cato“, „Destruktionsakteure von Max Otto bis Birgit Kelle (die sich vehement gegen den „Gender“–Unsinn wie auch gegen das uneingeschränkte Recht auf Abtreibung wendet)“ usf. Alles ist die zu bekämpfende Einheitsfront von „Rechts“. Wenn dann Renovatio allein aufgrund des übereinstimmenden Begriffs mit dem Schlußkapitel von Björn Höckes Buch in die gleiche rechte Ecke gesteckt wird, fragt man sich, ob der Autor überhaupt wenigstens Auszüge der Ausführungen des Letzteren gelesen hat. Denn dort wird u.a. thematisiert, daß in der „Postmoderne“ eine „finale Auflösung der Dinge“ stattfinde an Hand des Projekts des Transhumanismus, der neue „Mensch–Maschine–Hybride“[5] hervorbringen wird, Entwicklungen, die so ehrenwerte Denker wie Hans Jonas schon vor vielen Jahren anprangerten. Wissenschaftlich vollends unredlich ist der Rundumschlag gegen alle konservativen und christlichen Denker, von Rod Dreher, der in Die Benedikt–Option die Bedrohung christlicher Ideen in den USA enthüllt, bis zu Marion Maréchal, deren Gedanken nahtlos in eins gesetzt werden mit den Gedanken von Carl Schmitt, die – welch Verstoß gegen die „politische Korrektheit“ – sich „kritisch (meine Hervorhebung) zur liberalen Lehre von der Gewaltenteilung“ äußerten.


Aber, gestatten Sie mir den Sarkasmus, dies alles hat ja nichts mit den Positionen der FAZ zu tun. Eines freilich noch: Renovatio pflegt noch die philologischen und wissenschaftlichen Gesetze und Gepflogenheiten, wie sie einmal – in „vormoderner Zeit“ – üblich waren, indem jede Quelle zitiert wird, was ja heutzutage „außer Mode gekommen“ ist: Man könnte ja Geschichte nachverfolgen!

Das gibt mir noch Gelegenheit zu äußern, aber ich sage dies nur en passant, denn es sind ja nur Petitessen: Ich nehme noch halb verschlafen beim Frühstück Ihre Zeitung zur Hand; bin nicht aufnahmefähig für manche Inhalte, aber entdecke zuhauf formale Fehler. Aber was ist schon ein fehlendes Komma angesichts der „Gefahr von Rechts“.


Was also bleibet mir: Die FR, die immer mehr dem „Fortschritt“ grüner, insbesondere der „Gender–‚Politik’“ anheim fällt, gewiß nicht; die Welt oder die NZZ blieben als Relikte eines Journalismus des Anstands und der kritischen Distanz, wie er einmal war. Freilich lebe ich in Frankfurt und habe keinen Bezug zum Lokalen Hamburgs oder Zürichs. Manche Kritiken von Aufführungen einer Theaterinszenierung oder eines Konzertes werde ich wohl vermissen; ebenso manche der durchaus sprachlich spitzzüngigen Glossen auf der ersten Seite des Feuilletons. Aber es ist auch eine Kosten–Nutzen–Rechnung; dann lieber ein Abonnement der FNP; den politischen Teil kann ich wohl gleich wegwerfen, aber ich werde einen „anständigen“ Sportteil inklusive Hessenliga und einen informativen Lokalteil haben.


Alles in allem: Ich vermisse ebenfalls die Relikte des alten Konservativismus, die Ihr Blatt ausgezeichnet hatten, die Herrn Jäger, Adam oder Greiner, denen natürlich ihr Ruhestand gegönnt sei (und Sie wissen ja, daß manche von ihnen sich zu Cato oder der „rechts­katholischen“ Tagespost gewendet haben. [Merken Sie bitte auf, wie häufig ich Anfüh­rungszeichen verwenden mußte, da viele der Begrifflichkeiten heute eine Metaebene erreicht, die mit der Bildung, die ich (Jahrgang 1952) noch genießen durfte, nichts mehr gemein haben bzw. pejorative Konnotation erlangt haben.]) Aber die Zeiten des Herrn Schirrmacher gibt es nicht mehr, der die klugen Köpfe noch zusammenhalten konnte. Mittlerweile kommt mir der Großteil der bundesdeutschen Presse vor, wie es ein Dichter und Musiker beschreibt: „Die Ankertaue sind zerrissen / die Takelage längst zerschlissen.“[6] Oder Carl Schmitt, der es auf die gesamte Menschheit bezieht: sie „taumelt blind durch ein Labyrinth, dessen Eingang, Ausgang und Struktur keiner kennt, […] …ein Schiff, das ziellos auf dem Meer umhergeworfen wird.“[7]


So verbleibe ich – ja womit? Höflich sollen meine Schlußworte sein; gewiß, ein Gran Bedauern schwingt mit, aber täglicher Ärger verhindert die Gelassenheit als Ziel.


Gestatten Sie mir ein Gedicht anzufügen, mit dem ich schon 2018 versuchte, meine allgemeine Stimmung über den entwerteten Zustand des Gegenwärtigen zu beschreiben, auch wenn ich mit ihm gewiß nicht bei Ihnen reüssieren kann, das Sie bitte nicht persönlich auffassen sollten.





An Gedanken von Till Lindemann und Carl Schmitt


Die große Fahrt treibt zum Mahlstrom blindes Taumeln:

Das Ankertau: Morsche Fäden, längst zerschlissen.

Die Masten: Steif lächerliche Wesen baumeln.

Der Mensch erlöst? Lächerlich, man möchte missen

Die Rattenbrut: Weg, als erste ausgerissen


Selbst ein Reptil zögerte mein Fuß zu treten

Als dieses Schiff: Irrgriff, Sünde, Petitesse,

Geschichtstreibgut: Trunken grölend der Trompeten

Matrosentanz. Bis dann Gott, ganz kühl Noblesse,

Stieße ins Meer das Wrack: Schweigend wir beten die Messe.





[1] NZZ 05.11.21. [2] Ich verweise auf einen Artikel aus der „erz–katholischen“ Tagespost, insbesondere den Schlußsatz eines Betroffenen. [3] Manifest … Dietz 1971 S. 27. [4] Tichy Einblick 14.11.21. [5] Björn Höcke, Niemals zweimal in den gleichen Fluss S. 261f. [6] Till Lindemann, Die Gedichte S. 70. [7] Politische Theologie S. 75.





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