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Thomas Hartung: WER AUF DAS FEUER ZEIGT

  • vor 2 Tagen
  • 7 Min. Lesezeit

Lehrer mit der „falschen“ Gesinnung? Melden! AfD? Verbieten! Muslimische Gewalt an Schulen? Lässlich. Die GEW untergräbt inzwischen die Autorität ihrer Mitglieder – und die ARD macht mit.


Ein Fall aus Berlin bringt jetzt ans Licht, was im bildungspolitischen Diskurs lieber verdrängt wird: Ein junger schwuler Lehrer wird an der Carl-Bolle-Grundschule schikaniert – verspottet wegen seiner Stimme, beleidigt als „Schwuchtel“, bedroht mit dem Satz: „Der Islam ist hier der Chef.“ Kein Ausrutscher, keine kindliche Unart, sondern ein Zeichen kulturell-religiöser Machtdemonstration – dokumentiert von SüZ, Welt und BZ. Die Schulleitung? Schweigt. Bildungssenatorin Günther-Wünsch? Beschwichtigt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW? Sagt nichts. Auch Berlins Queer-Beauftragter weicht aus, als solle das Phänomen entwirklicht werden, bevor es im politischen Raum verhandelt werden kann. Die Grünen-Politikerin Lamya Kaddor MdB warnt indes nicht etwa vor religiösem Mobbing, sondern vor „rassistischen Narrativen“. Queerfeindlichkeit sei kein importiertes Phänomen, twitterte sie, sondern in der deutschen Mehrheitsgesellschaft verwurzelt – wer auf bestimmte Gruppen zeige, verhindere Lösungen.



Carl Bolle, nicht so dolle: Eine ehemalige Bildungseinrichtung und heutige Grundschule macht Schlagzeilen
Carl Bolle, nicht so dolle: Eine ehemalige Bildungseinrichtung und heutige Grundschule macht Schlagzeilen

Die deutsche Schule, einst ein Hort bürgerlicher Erziehung, gleicht vielerorts einem ideologischen Trümmerfeld. Der Berliner Vorfall ist kein Einzelfall, sondern Ausdruck einer Parallelpädagogik mit eigenen Gesetzen und Autoritäten. Lehrkräfte berichten von islamisch geprägten Revierkämpfen, der Einschüchterung weiblicher Lehrer, Prügelattacken auf deutsche Schüler. Ein elfjähriger Iraker hat in Remscheid einen 13-Jährigen mit Messerstichen schwer verletzt. Fast zeitgleich hat im Berliner Bezirk Spandau ein 13-Jähriger mit Migrationshintergrund einen 12-jährigen Mitschüler ebenfalls mit einem Messer angegriffen. Der verletzte Schüler kam zur Operation in ein Krankenhaus, sagte Polizeisprecher Martin Halweg BILD. „Es gibt keinerlei Erkenntnisse darüber, warum er das gemacht hat. Er hat eben einfach plötzlich mit der Stichwaffe zugestochen und ist danach abgehauen“.

Weitere Beispiele gefällig? Im März wurde eine Lehrerin in Essen von einer Schülergruppe auf dem Schulhof angegangen und mit „Allahu akbar“-Rufen eingeschüchtert, nachdem sie eine Kopfbedeckung im Unterricht untersagt hatte. In einer Stadtteilschule in Hamburg-Wilhelmsburg wurde im April ein Lehrer von einem 15-Jährigen mit einem Küchenmesser bedroht. Der Schüler fühlte sich „durch den Blick des Lehrers provoziert“. Die Polizei spricht von „milieugebundener Respektlosigkeit“. Im baden-württembergischen Markdorf wurde ein 14jähriger auf dem Schulweg von migrantischen Mitschülern nicht nur abgepasst und angegriffen, sondern die Tat gar gefilmt und ins Netz gestellt. Die Mutter ist zur Schulleitung gegangen, aber die hat nichts unternommen.


Stigmatisierung statt Aufarbeitung


Es gibt ein systemisches Versagen, so der Mobbing-Experte Carsten Stahl im Focus. „Die Rektoren haben leider oft Angst um den Ruf ihrer Schulen, sie werden aber auch viel zu oft von den Schulbehörden und Ministerien alleine mit diesen Problemen gelassen.” In ihrer Hilflosigkeit, aber teilweise auch wegen eigener Ignoranz, schweigen zu viele Schulen in unserem Land die Kinder- und Jugendgewalt tot. Dabei sind die Zahlen eindeutig. Gab es im Bereich der Gewaltkriminalität bei den 0- bis 13-Jährigen 2015 noch 6.363 Tatverdächtige, wuchs die Zahl auf mittlerweile 13.775 im Jahr 2024. Auch bei Jugendlichen (14-17 Jahre) sind die Zahlen gestiegen – von 20.220 Tatverdächtigen (2015) auf 31.383 Tatverdächtige im vergangenen Jahr. 17,8 Prozent der Gewalttaten durch Minderjährige finden in der Schule statt. 6.200 Fälle waren es im letzten Jahr insgesamt, es gibt also jeden Tag rund 17 Straftaten im schulischen Umfeld. Rund 40 Prozent der Kinder im Alter unter 15 Jahren haben mittlerweile einen Migrationshintergrund.


Der von Friedrich Merz geprägte Begriff „kleine Paschas“ verniedlicht, was in Wahrheit eine Gegengesellschaft ist: religiös-moralisch fundiert, autoritär organisiert, westlichen Werten gegenüber feindlich eingestellt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der WAZ schon 2024: „Wir sehen eine neue Qualität der Jugendgewalt, die sich in der Schule entlädt, wo Wertevermittlung längst versagt hat.“ Der Verfassungsschutz spricht von einem „gesamtgesellschaftlichen Problem“. Schüler verherrlichen Hitler, sofern er gegen Juden kämpfte, untersagen Mädchen das Beten, verweigern den Geschichtsunterricht. Werte wie Respekt, Toleranz, Nächstenliebe und vor allem die Unversehrtheit des menschlichen Körpers verlieren immer mehr an Bedeutung. Und dennoch: Wer diese Zustände benennt, wird moralisch disqualifiziert. „Vielfalt“ avanciert zum Totschlagargument zur Legitimierung der Beliebigkeit. Demokratische Prinzipien werden nicht mehr verteidigt, sondern relativiert.


Besonders perfide ist die Verschiebung des Fokus: Nicht die Täter kultureller Gewalt werden sanktioniert, sondern die Lehrer, die darüber sprechen. Wer sich kritisch zu Inklusion, Genderpädagogik oder islamischen Machtstrukturen äußert, riskiert Denunziation. Die Vorstellung, ein Lehrer mit konservativen Überzeugungen könne ein aufrechter Demokrat sein, gilt als anstößig.  So verkommt die Schule zur Bühne eines paradoxen Schauspiels: Der Lehrer ist zugleich staatlich regulierter Moralist und schutzlos ausgelieferter Spielball kultureller Machtkonflikte. Und die GEW, einst Interessenvertretung der Lehrer, wird zum ideologischen Wächtergremium. Sie fordert einerseits „Meldestellen“ für Lehrer mit „demokratiefeindlichen“ Tendenzen – vornehmlich mit AfD-Parteibuch.


Diese Partei, die als einzige offen die Gewaltprobleme benennt, wird mit den Totschlagbegriffen „Rechtsextremismus“ und „Faschismus“ aus dem Diskurs verstoßen – wie jüngst auf der Bildungsmesse „didacta“. In der heutigen Erziehungswirklichkeit jedoch gilt: Wer auf das Feuer zeigt, wird als Brandstifter denunziert. Wer die Normverletzung benennt, wird zum Normabweichler erklärt. Damit wird der Diskurs endgültig postfaktisch: Nicht die Realität bestimmt das Sprechen, sondern das Sprechen bestimmt, was als Realität anerkannt werden darf.


Diese rhetorische Umkehr wird von einem willfährigen Mediensystem gestützt. Besonders öffentlich-rechtliche Redaktionen meiden klare Benennungen kulturell motivierter Gewalt. Stattdessen dominieren Euphemismen: „intersektionale Herausforderungen“, „komplexe Integrationsprozesse“. Die Täter verschwinden im Nebel soziologischer Abstraktion, die Opfer in der Fußnote moralischer Relativierung. Während Schulen in Neukölln, Duisburg-Marxloh oder Mannheim-Waldhof um ihre faktische Durchsetzungsmacht ringen, müssen Lehrer ihre Autorität mit dem Rückgrat von Sozialarbeitern und Dolmetschern behaupten. Allein in NRW stieg die Zahl der Stichwaffenangriffe auf dem Schulgelände seit 2019 um 45 Prozent. Aber wer das ausspricht, gilt als politischer Gefährder.


Falsch verstandene Neutralität


Andererseits ging die GEW auf ihrem Berliner Gewerkschaftstag Mitte Mai sogar so weit, ein AfD-Verbotsverfahren zu fordern – ein Frontalangriff auf die demokratische Repräsentation jener Eltern und Lehrer, die sich weigern, das Offensichtliche weiter zu verschweigen. Dr. Rainer Balzer MdL, bildungspolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg, wertete das in den Tagesthemen als „Grenzüberschreitung“: Dem „guten Lehrer“ merke man nicht an, „was er wählt“, er „unterrichtet sauber und objektiv“. SPD-Lehrerin Barbara Becker hingegen warnt vor „falsch verstandener Neutralität“. Das ist kein Witz.


Erst recht nicht, was sich am Sonntag im WDR-Presseclub zutrug: nach eigenem Verständnis „eine aktuelle Diskussionssendung, in der das jeweils wichtigste politische Thema der Woche aufgearbeitet wird.” In diese 21. Kalenderwoche nun fiel nicht nur der erwähnte Berliner Mobbingfall sowie die beiden Messerattacken von Schülern, sondern auch folgende Ereignisse: Ein Syrer sticht fünf Menschen in Bielefeld nieder, ein Kosovare drei in Halle, darunter ein 12jähriges Kind, und in Reinbek greift ein Afghane ein Kind an. Das Thema der Woche ist für die Redaktion jedoch: „Jung, rechtsextrem, gewaltbereit – neue Gefahr für die Demokratie?” Anlass war die Festnahme von fünf Mitgliedern einer „rechtsradikalen Kameradschaft”, die im Verdacht standen, „Anschläge gegen Geflüchtete und politisch Andersdenkende geplant zu haben” – und zwischen 14 und 18 Jahren alt sind.


Nicht genug damit, dass der ZEIT-Journalist Christian Fuchs, der gemeinsam mit Jan Böhmermann den YouTuber „Clownswelt“ gedoxxt hatte, in der Diskussion Kanzler Merz und Innenminister Dobrindt (beide CDU) mit „Neu-Rechten“ gleichsetzte. Nein, alle vier „Experten“,  darunter auch der sattsam bekannte Leipziger AfD-Hasser Michael Kraske, fabulierten von einem „rechtsextremen Flächenbrand”, schlugen vor, in jedem Unterrichtsfach in der Schule vor „Rechts“ zu warnen, das Neutralitätsgebot der Lehrer aufzuheben, und – wenn man schon Facebook & Tiktok nicht ganz verbieten könne – an die Elternhäuser rechter Kinder heranzutreten. Und natürlich zügig die AfD zu verbieten. Und dass „Neutralität“ zunehmend zum „Kampfbegriff“ verkomme. Das ist kein Witz.

Den Vogel aber schoss Fuchs ab, der der Kameradschaft und anderen (welchen?) Gruppen unterstellte, sie sollten die „Straßen-SA werden für die AfD“. Das war kein Journalismus, sondern Rufmord im Sakko. Wer ohne Beleg, ohne Quelle und ohne juristische Hemmung solchen Unsinn behauptet, bewegt sich hart am Rand des § 187 StGB (Verleumdung). Man stelle sich vor, jemand würde vergleichbare Behauptungen über Fridays for Future verbreiten und ihnen unterstellen, sie wollten „die Straßen-RAF“ für die Grünen sein. Die Empörung wäre ohrenbetäubend, der Presserat alarmiert, der Beitrag vermutlich gelöscht. Doch wenn es gegen rechts geht, verkommen selbst geschichtsträchtige Begriffe wie „SA“ zur billigen Metapher im Politpöbel-Bingo.


Der Pädagoge als Moralkontrollorgan


Solche Aussagen sind keine Analyse, sondern Anklage ohne Verfahren. Sie unterstellen systematische Gewaltbereitschaft, ohne je eine Gewaltstatistik, ein Urteil oder eine Ermittlungsakte vorzulegen. Und genau darin liegt das demokratiezersetzende Gift: Wer politische Gegner pauschal mit dem Nationalsozialismus gleichsetzt, entzieht ihnen die Legitimation zur Mitwirkung – und betreibt damit genau das, was er vorgibt zu bekämpfen: den Weg zur Ausschaltung von Opposition. Dass das Ganze im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unwidersprochen stehen bleibt, zeigt nicht nur die ideologische Verrohung, sondern auch den totalitären Reflex eines Apparats, der abweichende Meinung nicht mehr dulden, sondern diffamieren will.


Fünf Linke also diskutieren über Rechte. Kein Wort darüber, dass die 12 000 Mitglieder der türkischen Organisation „Grauen Wölfe“ auch in die Statistik der „Rechtsextremisten“ eingehen. Oder darüber, dass unter „Straftaten“ ebenso „Propagandadelikte“, die es von links gar nicht gibt, wie „Gewaltdelikte“ subsummiert werden. Was hier geschah, war keine Verteidigung der Demokratie – das war ihre mediale Exekution im Namen der „Haltung“. Aber wenn sich der Journalist als Aktivist versteht, so Dieter Nuhr schon 2023 auf Facebook, wird Neutralität, also Abwägung von Argumenten aller Seiten, zum überflüssigen Ballast: „Der Journalist sucht nicht nach der Wahrheit, er besitzt sie. Widerspruch gilt als anmaßend.”


In dieser Konstellation bleibt nur ein zynischer Befund: Die Schule, die sich einst der Aufklärung verpflichtet sah, ist heute ein Ort der Selbstverleugnung. An die Stelle des Pädagogen als Kulturvermittler tritt der Pädagoge als Moralkontrollorgan. Wo die Bildungselite die Realität leugnet, wird das System selbst zum autoritären Instrument – nicht der Aufklärung, sondern der Wahrheitsverhinderung. Eine offene Debatte über Autorität, kulturelle Integration und ideologische Entgleisungen ist dringend geboten. Doch solange der pädagogische Diskurs von moralischem Tribunalsgeist regiert wird, bleibt die Wahrheit das erste Opfer – und mit ihr die Freiheit der Schule.



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Über den Autor: Thomas Hartung, geb. 1962 in Erfurt; promovierte nach seinem Lehramtsstudium in Magdeburg 1992 zur deutschen Gegenwartsliteratur und war danach als Radio- und Fernseh-Journalist in Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie als freiberuflicher Dozent für Medienproduktion und Medienwissenschaft an vielen Hochschulen Deutschlands tätig; der bekennende „Erzliberalkonservative“ trat als Student in die LDPD ein und 1990 aus der FDP aus: von „misslungener Einheit“ nicht nur mit Blick auf die Parteienfusion spricht er bis heute; Hartung war im April 2013 Mitbegründer der AfD Sachsen und wurde zweimal zum Landesvize gewählt. Seit März 2020 ist er Pressesprecher der AfD-Fraktion Baden-Württemberg.



Beitragsbild im Original von Jcornelius, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons



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